Fischland: ein Stückchen Land zwischen See und Bodden, nicht mal vier Kilometer lang und an der breitesten Stelle kaum zwei Kilometer lang. Eine Erdscholle, die sich von der Ostseeküste zum Bodden senkt, zur See hin mit bis zu 15 Meter hohem Steilufer, zum Bodden hin sanft abfallend in eine weites Schilffeld.
Stürmische Wogen auf der Ostsee, bleierne Stille auf dem Bodden. Getrennt durch eine schmale Straße, gesäumt von Pappelalleen, die die wenigen Dörfer verbindet. Hier, wo Mecklenburg endet und Pommern beginnt, liegt die Perle dieses Nehrungsstreifens: Ahrenshoop.
Seit 1311 ist am Übergang zum Darß ein Ort namens “Arneshop” bekannt. Das alte Ahrenshoop entstand jedoch erst um 1760. Nach der Versandung des Darßer Kanals zwischen Grenzweg und Schifferberg ließen sich um 1830 dreißig Fischerfamilie und Seeleute auf dem Dünengelände nieder.
Mitten im Ort verweist der Straßenname „Grenzweg“ auf ein historischen Unikum: Die beiden Ortsteile Alt- und Niehagen, die 1950 Ahrenshoop angeschlossen wurden, waren bis 1945 mecklenburgisch, Ahrenshoop hingegen gehörte zum preußischen Pommern.
Das Dornenhaus in Althagen, ein romantisch-verfallenes Haus mit Reetdach, war früher wahrscheinlich eine mecklenburgische Zollstation. Ein blau-gelb rotes Schild verkündete „Hier beginnt Mecklenburg“. Am ersten Ahrenshooper Haus hingegen verkündete ein weiß-schwarzes Schild Preußens Glanz und Gloria.
Wie überall entlang der Ostseeküste, so erlebte auch Ahrenshoop im 19. Jahrhundert durch die Segelschifffahrt einen großen Aufschwung. Um 1880 wurde der Ort von Künstlern entdeckt, die vor der beginnenden Industrialisierung hierher flüchteten.
Als eine der ersten kam die Malerin Eva Stort aus der Großstadt Berlin hierher. Die Dorfjungen standen der Malerin Modell. Als „Spionin“ bespöttelt, stieg die Stort sogar in die kalten Ostseefluten, um zu baden…
Als offizielle Entdecker der Künstlerkolonie gelten jedoch bis heute Paul Müller-Kaempff und Fritz Wachenhusen. „Wir hatten von seiner Existenz keine Ahnung und blickten überrascht auf dieses Bild des Friedens und der Einsamkeit.
Kein Mensch war zu sehen, die altersgrauen Rohrdächer, die grauen Weiden und die grauen Dünen gaben dem ganzen Bilde einen Zug tiefen Ernstes und vollkommener Unberührtheit“, erinnert sich Paul Müller-Kaempff an eine Wanderung, die er im Spätsommer 1889 zusammen mit seinem Freund, dem Tiermaler Oskar Frenzel, von Wustrow über das Hohe Ufer nach Ahrenshoop unternommen hatte.
Nicht mit dem Pinsel, sondern in schwärmerischen Worten hat Käthe Miethe die Schönheit des Ortes gerühmt. Die Heimatschriftstellerin des Fischlandes, 1893 hier geboren, lebte von 1939 bis 1961 in Althagen.
Noch immer lockt die widerspenstig-spröde Schönheit Ahrenshoop die Künstler an: Im Kunstkaten von 1909 zeigen sie ihre Werke. Wer länger bleibt, zieht in die Häuser am Bodden, richtet abseits vom Badetrubel dort Wohnung und Werkstatt ein.
Friedemann Löber (Bernhard-Seitz-Weg 1) fertigt dort seine traditionelle blaugraue Fischland-Keramik, Fische und Vögel, Blüten und Insekten, frei geritzt und gemalt auf Tassen, Schüssel, Schalen – jedes Werk ein Unikat. Moderne Keramikkunst gibt es bei Johann und Katharina Klunder (Fulge 3) und Regine Welmer (Dorfstraße 43).
Neben den Künstlern entdeckte auch die politische Prominenz der ehemaligen DDR die Schönheit des Ortes: Einige ihrer Häuser säumen den Weg zum Hohen Ufer. Dort, hoch über der 15 Meter hohen Steilküste und dem langgestreckten, feinsandigen Strand, steht auch ein weiß gekalktes, Stroh gedecktes Häuschen.
Das wohl beliebteste Fotomotiv von Ahrenshoop machte den Ort, der Ende des 19. Jahrhunderts noch als „Powerdörp“ – „Armendorf“ galt, zu einem der malerischsten und beliebtesten Ausflugszielen zwischen Rostock und Ribnitz.
Dieser Beitrag ist 1991 in der Broschüre “1000 Ausflugsziele in Mecklenburg-Vorpommern” erschienen.