Vor mehr als 1000 Jahren begründet, ist Dänemark ist die älteste Monarchie der Welt. Ihre Königinnen und Könige zog es seit den Wikingern immer wieder hin in eine recht unbekannte Ecke, lieblicher und reicher als das restliche Land: nach Nordseeland mit seinen Sandstränden, Küstenwäldern, Schlössern und der Hauptstadt in nächster Nähe.
Alljährlich im August feiert die Hafenstadt Helsingør am Øresund mit internationalen Theatertruppen das Vermächtnis von William Shakespeare, der Schloss Kronborg als Kulisse für sein Hamlet-Drama wählte. Die Festung hat Shakespeare zwar nie gesehen, doch war ihm der Schauplatz durch Berichte englischer Theatertruppen, die am königlichen dänische Hof gastierten, wohl bekannt. Das restliche Jahr erinnert einzig ein Relief in der Mauer an den englischen Dramatiker.
Nur wenige Schritte weiter ruht Dänemarks Antwort auf Barbarossa in den Kasematten: Holger Dranske. Gerät Dänemark in Not, werde der steinerne Held aus seinem tiefen Schlaf erwachen und das Land retten, so die Sage.
Zumindest um Kronborg muss er sich derzeit nicht sorgen: Seit September 2000 als drittes dänisches Kulturgut in die UNESCO-Liste zum Weltkulturerbe aufgenommen, wird das Schloss bis 2010 weitreichend saniert und zur einer modernen Ausstellungsstätte umgestaltet.
Auch in Helsingør stehen die Zeichen gut: Der befürchtete Einbruch beim Fährverkehr durch den Bau der Øresundbrücke ist bislang nicht eingetroffen, und noch immer kommen die Schweden über die schmalste Stelle der Meerenge hinüber, um sich billig mit Alkohol und Zigaretten einzudecken. Rund um die Uhr verkehren die Fähren. Wer bleibt, wohnt meist im Hotel „Marielyst“ – und verspielt die letzten Kronen im Kasino.
Während Schloss Kronborg die Meerenge sicherte und dafür sorgte, das alles Schiffe auf der Passage zwischen Nord- und Ostsee ihren „Sundzoll“ entrichteten, sollte der Bau von Fredensborg als „Friedensburg“ einen symbolische Schlussstrich unter den Nordischen Krieg setzen. Im Frühjahr und Herbst bewachen Soldaten mit Bärenfellmützen die Anlage im edlen Altweiß – dann nutzt das Regentenpaar die Residenz.
Im Juli, wenn Königin Margarethe II. mit ihrer Familie auf der königlichen Jacht Dannebro durch die dänischen Gewässer segelt, können Besucher das Schloss besichtigen und vorbei an den „Nordmansdalen“, 69 Sandsteinfiguren faröischer und norwegischer Bauern, auf fächerförmigen Wegen durch den Schlosspark zum Esrum-See wandern. Fangfrische Fische aus dem zweitgrößten See des Landes serviert die Gaststätte Skipperkroen, ein Bootshaus mit Biertischen und Bänken direkt am Ufer.
Im Herzen von Nordseeland liegt Hillerød. Einst ein Dörfchen mit sieben Höfen und vier Häusern rund um den königlichen Jagdsitz Hillerødsholm, baute Frederik II. und später sein Sohn Christian IV. hier um 1600 auf drei Inseln im See eine dreiflügelige Anlage, die inzwischen als bestes Beispiel für nordische Baukunst der Renaissance gilt: Schloss Frederiksborg.
200 Jahre lang nutzten die dänischen Könige das imposante Backsteinschloss mit seinen Fenster- und Türfriesen aus hellem Sandstein und ließen sich in der Schlosskirche salben. Die Wände des zweistöckigen Gotteshauses bedecken Hunderte Wappenschilder des Elefanten- und Großkreuzritter-Ordens. Jeden Donnerstag um halb zwei präsentiert der Organist der Schlosskirche ein einmaliges Instrument: die weltweit einzige Orgel von Esajas Comenius aus dem Jahre 1610.
Für Durchblick in der dänischen Dynastie sorgt die Nationale Dänische Portraitgalerie im Königsflügel. Immer wieder blicken Christian, Frederik oder Margrethe die Besucher an: sämtliche Königinnen und Könige seit 1500. Werk und Wirken werden mal heroisch, mal humorvoll dargestellt – so bei Christian VII., dem „Erfinder des Table Dance“, wie ein Führer das Gemälde kommentiert. Vor dem Herrscher tanzen hauchdünn bekleidete Grazien auf dem Tisch.
Durch die hohen Fenster fällt der Blick auf den Schlossgarten. Kaskaden mit Kanälen, Fontänen und Springbrunnen bilden die Hauptachse, um die sich auf Terrassen symmetrisch ein Barockgarten erstreckt, den der königliche Gartenbaumeister J.C. Krieger 1725 als „edeltsten Garten Dänemarks“ gestaltet hatte.
1993 bis 1996 nach alten Plänen rekonstruiert, schmücken nun wieder 65.000 Buchsbäumchen als königliche Monogramme das Parterre, umgeben von 166 Taxusbäumen im Pyramidenschnitt. 375 Linden und 7.000 Hainbuchen bilden die Bosquette.
An diesen repräsentativen Teil nach französischem Vorbild schließt sich ein Landschaftsgarten mit gewundenen Pfaden, Kanälen und Seen an, der nahtlos in den Forst Gribskow übergeht. Im größten zusammenhängenden Laubwald Dänemarks sind noch die Schneiden zu sehen, die um 1670 für die Parforcejagd angelegt wurden. Dabei hetzten Jäger zu Pferde das Wild so lange, bis es ermattet stürzte – und mit dem Hirschfänger getötet wurde.
Im ehemaligen königlichen Jagdgebiet von Dyrehaven entstand 1583 der älteste Vergnügungspark der Welt: Bakken. Größer, älter und weniger touristisch als Kopenhagens Tivoli, genießen hier die Dänen unter sich laut und lachend die Attraktionen: die riesige hölzerne Achterbahn, das Karussell aus Kaffeetassen, die Pantomime von Pierrot, die Eisstände, Bierzelte und Imbissbuden.
Im Sommer lädt der volkstümliche Jahrmarkt zu einem besonderen Event: Umgeben von Rentierschlitten, Tannenbäumen, riesigen Kerzen und glänzend verpackten Geschenken treffen sich hier Weihnachtsmänner aus aller Welt seit 36 Jahren zu ihrem „Santa Claus World Congress“.
Königliches Seeland: Info
Schlafen & schlemmen
Havgården
Strandvej 1, 3210 Vejby-Strand (Tisvildeleje), Tel. +45 48 70 57 30, www.havgaarden.dk
Restaurant: 1. Juni bis 30. August; Hotel (13 Zimmer), drei Ferienhäuser. Hof geht auf 1825 zurück, seit 1986 Hotel-Restaurant, betrieben von Lilly und Claus Wiegand Larsen.
Skipperhuset
Skipperallé 6, 3480 Fredensborg, Tel. +45 48 48 17 17, www.skipperhuset.dk
April bis Oktober 12 bis 17/18 bis 23 Uhr, Montag Ruhetag
Restaurant Anno 1880
Kongensgade 6, 3000 Helsingør, Tel. +45 49 21 54 80
Dieser Beitrag wurde 2001 als Auftragsarbeit für den Reportagedienst von Visit Denmark verfasst und wurde von zahlreichen Medien im deutschsprachigen Medien veröffentlicht. Am 9. Oktober 2001 erschien der Artikel auf Spiegel Online.
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Baedeker Dänemark
Christoph Schumann kennt Dänemark wie seine Westentasche. Seit Jahrzehnte bereist der Skandinavienspezialist das kleine Königreich. Und hat mit dem Baedeker „Dänemark“ einen Führer verfasst, der kompetent wie unterhaltsam Reise-Inspirationen mit detaillierten Infos zu Sehenswerten und Außergewöhnlichen, Klassikern und Kleinoden verbindet.
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