Nordic Walking: An die Stöcke, fertig, los!

Wer nimmt sich nicht öfter vor, im Urlaub in Bewegung zu kommen? In Schleswig-Holstein sorgt das größte regionale Lauf- und Walking Streckennetz Europas mit knapp 800 Kilometern Länge und 107 Routen für Abwechslung unterwegs – und Schweißperlen auf der Stirn: die „ostsee*laufküste“.

Für Außenstehende wirken die Bewegungen merkwürdig. Mit betont langen Schritten folgt eine Gruppe Olaf Kröger (38) dicht an der Wasserkante über den Grömitzer Strand, stößt sich mit ihren langen Carbonfaserstöcken kräftig ab, schwingt die Arme erst weit nach vorn, dann nach hinten, öffnet und schließt dabei die Hände im Schrittrhythmus und rotiert mit dem Oberkörper.

„Achtet mehr auf die Kreuzkoordination“, ruft der Hüne, alle nicken, und konzentrieren sich noch stärker darauf, das der Diagonalschwung stimmt – wenn der rechte Fuß auf den Boden setzt, sollte der linke Arm vorn sein, und umgekehrt. Die Stocklänge stimmt, wenn der Ausgang der Handschlaufe auf Höhe des Bauchnabels sitzt. Für Gäste mit Taschenrechner verrät Kröger auch die Formel: Körpergröße in Zentimeter x 0,68.

Der richtige Stockeinsatz sorgt nicht nur für Sicherheit beim flotten Gehen, sondern lässt auch den Kalorienverbrauch in die Höhe schnellen. Als sanfter Sport für Stadtmenschen, der Herz, Kreislauf und Muskeln trainiert, begeistert Nordic Walking, mit dem finnische Langläufer und Biathleten in der schneelosen Zeit fit blieben, heute bereits mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland – Tendenz steigend.

„Doch bei vielen ist das nur Laufen mit Stöcken – richtig zu walken ist eine Technik, die gelernt werden muss“, sagt Kröger. Damit es besser klappt, bieten die 35 Orte entlang der „ostsee*laufküste“ Schleswig Holsteins kostenlose Schnupperstunden und Kurse für Einsteiger und Fortgeschrittene an.

Nordic Walking auf der Seebrücke von Grömitz. Foto: Pressebild Laufküste Ostsee.
Nordic Walking auf der Seebrücke von Grömitz. Foto: Pressebild Laufküste Ostsee.

Vor der ersten Wanderung steht in Grömitz die sportmedizinische Sprechstunde samt Fitness-Check bei Dr. Lucia Kühner, die selbst der eine begeisterte Läuferin ist. Während des Medizinstudiums nahm die heute 33-jährige Allgemeinärztin in Nizza an ihrem ersten Triathlon teil.

Mittlerweile hat sie es mehrmals in die Top Ten eines Ironman-Rennens geschafft. Ebenfalls an der Laufküste aktiv ist ein anderer Sport-Star: der Langläufer Thomas Wessinghage, der in Damp heute für Bewegung sorgt.

In Grömitz indes ist Aufbruchstimmung. Die nächste Gruppe wärmt sich auf dem Rasen auf, dehnt, reckt und streckt sich. Seit Ostersonntag sind im Ostseebad auch alle acht Routen mit einer Gesamtlänge von 66 Kilometer nach dem einheitlichen Standard der Laufküste markiert und in das Streckenetz integriert.

Die passende Route lässt sich mit dem Routenfinder unter www.laufkueste.de finden, der neben Länge, Dauer und Schwierigkeitsgrad auch Angaben zur Bodenbeschaffenheit enthält. Einsteiger folgen den blau markierten leichten Strecken.

Mittelschwere Routen von mehr als fünf Kilometer Länge sind rot, anspruchsvolle Touren mit mindestens zehn Kilometer Länge mit schwarzer Farbe in der Übersichtskarte eingezeichnet. Insgesamt 107 Routen warten zwischen Travemünde und Gelting auf lauffreudige Gäste, acht davon allein in Grömitz.  Die längste Runde misst 16,3 Kilometer, die kürzeste lediglich zwei.

Anfänger nimmt Olaf Kröger gerne mit auf die Vordingborg Route, einen 3,7 km leichten Rundkurs vom Nordic Fitness Point am Bade- und Kurzentrum in die Feldmark und weiter zum Steilufer mit Ruhebänken und weitem Blick auf den Jachthafen, den 8 km langen Badestrand und die Lübecker Bucht.

Bevor es auf der Promenade zurückgeht, werden die Stahlspitzen der Stöcke mit „Pflaster Pads“ aus Gummi versiegelt – als Rutsch-Stopp. Fortgeschrittene schickt Kröger auf die 14,3 km lange Cismar-Route.

Natur und Kultur verbindet auch die 14 Kilometer lange „Stadt, Land und Mee(h)r“-Route, die am Leuchtturm von Pelzerhaken beginnt, Dünen und Steilküsten streift, in Neustadt dem, „Kunstkilometer“ folgt und Altstadt samt Binnenwasser berührt, ehe es durch die Felder zurück nach Pelzerhaken geht.

Hin begleiten die Rufe der Möwen, das Plätschern der Wellen und der Duft der See die Nordic Walker, landein unterbrechen Knicks die sanfte gewellte Landschaft, die im Frühling im hellen Gelb der Rapsfelder leuchtet. „Very British“ ist hingegen die Strecke bei Gut Panker, zehn Kilometer südlich von Hohwacht.

Das Gutsschloss von Gut Panker. Auch dort führt eine Nordic-Walking-Route vorbei. Foto: Hilke Maunder
Das Gutsschloss von Gut Panker. Auch dort führt eine Nordic-Walking-Route vorbei. Foto: Hilke Maunder

Sie bahnt sich ihren Weg durch eine englische Parklandschaft mit Herrenhaus, und Trakehnergestüt, führt über Wald- und Feldwege mitten durch eine Strauchmoränenlandschaft bis zum 128 m hohen Pilsberg hinauf, wo der Aussichtsturm „Hessenstein“ eine willkommene Pause mit Weitblick bietet.

Malerische An- und Ausblicke beschert auch Deutschlands nördlichster Nordic Fitness Park in Glücksburg, wo der Parcours das weiße Wasserschloss – die Glücksburger Adeligen brachten es mit Christian IX bis auf den dänischen Thron – umrundet und weiter zur Flensburger Förde führt, die als langer Meeresarm das Land durchschneidet.

Nach einigen Tagen zeigt das „sehr effektive und gelenkschonende Training“, so Kröger, erste Wirkung: 576 der insgesamt 640 Muskeln des Körpers melden sich, ziepen und zeigen wenig Lust, auch am nächsten Morgen wieder die Stöcke dynamisch zu schwingen.

Doch auch bei Muskelkater hält Grömitz passende Gegenmittel bereit – die Grömitzer Welle, ein Meerwasserbrandungsbad mit Bergkristall- und Blütensaunen und „Wellarium“, in dem Thalasso-Anwendungen, Energie-, Relax- und Harmoniemassagen für wohlige Entspannung sorgen. Und nun: Wieder ran an die Stöcke!

Nordic Walking an der Ostsee:  gut zu wissen

Schlafen & Schlemmen

Hotel Pinguin

Chr.-Westphal-Str. 52, 23743 Grömitz, Tel. 0 45 62/98 27; kleines Familienhotel mit marktfrischer Gourmetküche von Ernst Fischer im „La Maree“

Maritim Seehotel

Strandallee 73, 23669 Timmendorfer Strand, Tel. 04503/60 50, Fax 04503/ 6 05 24 50. Fünf-Sterne-Haus am Strand mit neuem Wellnessbereich und Haubenküche von Ralf Brönner in der „Orangerie“

Auskunft

Ostsee-Holstein-Tourismus e.V.

Strandallee 75a, 23669 Timmendorfer Strand, Tel. 0 18 05 / 70 07 08 (0,14 €/Minute), Fax 0 18 05 / 70 07 09 (0,14 €/Minute), www.laufkueste.de

Tourismus-Service Grömitz

Kurpromenade 58, 23743 Grömitz, Tel. 01805 / 23 34 55 (08 (0,12 €/Minute), www.groemitz.de

Dieser Beitrag ist am 19. Mai 2007 im Weserkurier erschienen. 

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Deutschland hat viele reizvolle Landschaften. Eine besonders schöne versteckt sich im hohen Norden. Wer Sonne und Meerluft genießen möchte, wer Gefallen findet an endlosen Stränden und hübschen Promenaden, und wem auch gelegentlich schlechtes Wetter nichts ausmacht, der hier an der Ostsee genau richtig aufgehoben.

An Regentagen kommt keine Langeweile auf, denn auch die Städte haben viel zu bieten: interessante Museen, schöne Lokale, Flair und historische Bauten – allein in Lübeck stehen mehr als 3000 Bürgerhäuser. Die Altstadt ist Weltkulturerbe.

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