750 Jahre Stockholm: Keine Metropole lässt wie sie den Winter leuchten. Cool gestylt vom Bett bis zur Bar: Die schwedische Hauptstadt setzt eiskalt die Trends.
Das Rentierfell auf der Tür ist reinste Zierde – zum Wärmen wird jeder Besucher in einen Polarponcho gepackt: Silbrig-glänzend vermummt, mit riesigen Fausthandschuhen an den Fingern, Fellkappe am Kopf und Moonboots an den Füßen, waren auch Pierce Brosnan und Kelly Osborne gut vorbereitet für ihren Bar-Besuch: Die,Ice Bar, die am 1. Juni 2002 im Designhotel Nordic Sea eröffnet, ist die angesagteste Location in Schweden.
70.000 Besucher bestaunten bereits die erste permanente Eisbar der Welt; maximal 30 Gäste können sie zeitgleich allabendlich genießen. Alles ist hier aus Eis: der Tresen, die Stehtische und Skulpturen, die blau schimmernden Ziegel des Mauerwerks, gestaltet vom Arne Bergh und Åke Larrson. Eiskalte Kuben sind auch die Gläser, gefroren aus dem kristallklaren Wasser des Torne-Fluss in Nordschweden.
Die Getränkekarte entspricht dem Ambiente: Wodka – pur oder als Long drink, gemixt mit Lemon, Lingonberries, Cranbeeries oder anderen arktischen Beeren. Große Kühlaggregate halten die Temperatur bei konstant minus sechs Grad. Da friert selbst die Münze, als Trinkgeld für den Barmann gedacht, binnen Sekunden am Tresen an.
Die Icebar entstand in Kooperation mit dem Icehotel in Jukkasjärvi. Wie es sich dort wohnt, lässt sich in der Ice Gallery erleben. Im Gamla Stan, der Altstadt von Stockholm, wurde dazu aus zwölf Tonnen Eis eine Suite des Eishotels nachgebaut – hier sind nicht nur Bett, Tisch und Stuhl, selbst die Leuchten und die Leinwand aus Eis.
Die Eisskulpturen fertigte der Stockholmer Künstler Bengt Carling (62), der gerne ungewöhnliche Materialien verarbeitet. Knorriger Ingwer wandelt sich zu filigranen Figuren; Salatgurken zu Gurkenpressen, die beim Festbankett der Nobelpreisverleihung zum Einsatz kamen.
Nicht nur das arktische Eis, auch das nordische Licht ist Trend: Wenige Schritte von der Eisbar entfernt, taucht Polarlicht das Nordic Light Hotel in Farbspiele von Blau bis Rot. Im Kamin knistern das Feuer, kunstvoll arrangierte Teelichter setzen Akzente. Im Winter fallen Schneeflocken auf die weißen Wände, zu Ostern blühen gelbe Narzissen, am Valentinstag regnet es rote Rosen. Für diese innovativen Licht-Arrangements, konzipiert von Kai Piipoo, wurde das Designhotel am Hauptbahnhof im letzten Jahr mit der European Light Trophy ausgezeichnet.
Im Winter, wenn sich die fahle Sonne nur wenige Stunden zeigt, inszeniert die 750 Jahre alte Stadt ihre Sehnsucht nach Licht alljährlich am 13. Dezember mit dem Lucia-Fest, einer Prozession von Stockholm nach Skansen zu Ehren der hl. Lucia. Wie eine hellweiße Stele aus Eis erhebt sich die beleuchtete Stahl-Skulptur auf dem Sergels Torg in den nachtschwarzen Himmel.
Vier Uhr zeigt die Uhr, und alle Stockholmer scheinen nur einen Gedanken zu haben: jetzt einen Kaffee. Bis auf den letzten Platz sind die zahlreichen Coffee-Shops und Kaffeehäuser besetzt; vor dem Panoramacafé im Kulturhuset reicht die Warteschlange bis an die Rolltreppe.
Mehr als 3,5 Millionen Gäste zählt alljährlich die schwedische Antwort auf das Pariser Centre Pompidou, das auf fünf Etagen Entertainment für alle bietet: mit Familienausstellungen, Theater, Kino und einem Rom för Barn, einer Lese- und Bastelebene für Kinder. Noch bis 6. Januar 2004 wird in der Galerie im dritten Stock die Ausstellung „Ein Tag in Schweden“ gezeigt – 150 fotografische Momentaufnahmen vom 3. Juni 2003, ausgewählt aus mehr als 24.000 Bildern.
Der Sergels Torg, dessen Breitseite das Kulturhuset einnimmt, ist das pulsierende Zentrum der Stadt, Schnittpunkt der Verkehrsadern und Einkaufsstraßen. An der Fußgängerzone Drottninggatan liegen die beiden großen Kaufhäuser Åhléns und Pub; an der Hamngatan das „NK“, Stockholms exklusives Traditionskaufhaus Nordiska Kompaniet. Hinter seiner Jugendstilfassade zeigen bekannte junge schwedische Designer und internationale Modedesigner in eigenen Abteilungen teure Trendmode.
Am Norrmalmstorg beginnt Östermalm, der edle Osten der Stadt. Um 1920 schockierte hier der Designer Josef Frank in der „Svenskt Tenn“ mit üppig farbigen, floralen Stoffen und sachlich-modernen Möbeln die Schweden – heute sind seine Entwürfe heiß begehrt, und das Ladengeschäft am Strandvägen ein Pilgerziel für seine Anhänger.
Filippa K, Nathalie Schutermann, Anna Hotblat und andere angesagte schwedische Modedesigner haben an der Grev Turegatan ihre Shops. In der nahen Sturegallerian, einer Einkaufspassage mit 50 exquisiten Shops, wird derzeit ein Kleinod restauriert: das Sturebadet – ein opulenter Badetempel von 1885. Mehr als 50 Spa-Anwendungen, Massagen und Packungen ergänzen das Planschen im Nostalgiepool.
Aus der gleichen Zeit stammt Östermalms Saluhall. Die 1888 eröffnete Markthalle ist ein Mekka für Feinschmecker, die hier nicht nur die ausgesuchtesten schwedischen Spezialitäten kaufen, sondern bei Lisa Elmquist für viele Kronen kosten können: Fisch aus Stockholms Schären, fangfrisch serviert mit dem obligatorischen Stängel Dill. Ihr Klassiker ist jedoch ein Teller mit Kleingetier: Skansen – eiskalte Krabben auf warmem Toast.
Stockholm eiskalt: die Info
Auskunft
Visit Sweden
Info@swetourism.de, www.visitsweden.com
Stockholm Tourist Board
Info@svb.stockholm.se, www.stockholmtown.com
Info-Office im Kulturhuset am Sergels Torg
Design-Hotels
Nordic Hotels
(Nordic Sea, Nordic Light)
Vasaplan, Box 884, SE – 10137 Stockholm, Tel. +46 8 50 56 30 00, Fax +46 8 50 56 30 60, info@nordichotels.se, www.nordichotels.se
Berns Hotel
Berzelii Park, Näckströmgatan 8, Box 16340, SE – 10327 Stockholm, Tel. +46 85 66 32 25-0, Fax +46 86 79 35 61, Info@berns.se, www.berns.se
Birger Jarl
Tulegatan 8, Box 19016, SE – 10432 Stockholm, Tel. +46 86 74 18 10, Fax +46 86 73 73 66, Info@birgerjarl.se, www.birgerljarl.se
Stockholm eiskalt
Ice Bar
Im Nordic Sea Hotel, Vasaplan, SE – 10137 Stockholm
Ice Gallery
Österlånggatan 41, SE – 11131 Stockholm, www.icel-gallery.com
Design Dining
F 12
Fredsgatan 12
Chefkoch Melker Andersson, der auch noch Restaurangen und Grill betreibt, wurde mit dem silbernen Bocuse d’Or ausgezeichnet.
Bon Lloc
Regeringsgatan 111
Das Restaurant von Mathias Dahlgren war Michelin einen Stern wert.
Tranan
Karlsbergvägen 14
In der ehemalige Drogerie macht’s der Mix: Moderne Klassik aus der Küche, heiße Beats in der Bar.
Dieser Beitrag ist am 14. November 2003 auf Spiegel Online erschienen.