Besinnliche Tea Time in New York

Das britische Ritual der besinnlichen Teestunde hat still und unbemerkt als Gegen-Trend zum schnellen „Coffee to go“ Amerika erobert. Besonders im hektischen New York wird die Tea Time hingebungsvoll zelebriert.

16 Uhr am Central Park: Unter der frisch restaurierten viktorianischen Glaskuppel des Palm Court im Plaza Hotel kontrolliert der Oberkellner die Tische. Sind die steifen Deckchen blütenweiß sauber? Ist das Silber perfekt geputzt? Sind die Blumen frisch und anmutig? Minuten später sind sämtliche Plätze besetzt: Damen der Gesellschaft genießen ladylike mit Hut; Hausfrauen mit Einkaufstaschen eher leger die hohe Zeremonie des High Tea.

Dreiteilige Etagères aus Silber biegen sich unter den klassischen Köstlichkeiten des „traditional tea“: Gurkenschnittchen mit Frischkäse auf Toast, salziges Teegebäck und frisch gebackene Scones, kleine süße Brötchen, garniert mit fest-sahniger Devonshire cream und hausgemachter Erdbeer-Konfitüre. Eunter einem opulenten Kronleuchter sorgen Geiger und Pianist zur Teestunde für stilvolle Hintergrundmusik.

Zu den schönsten romantischen Teestuben der Metropole gehört Lady Mendl’s Tea Salon, in dem gerne auch Hochzeiten gefeiert werden. Wer einen der begehrten Plätze für den High Tea ergattern will, muss rechtzeitig reservieren – und Hunger mitbringen: Fünf Gänge lang folgen Köstlichkeit auf Köstlichkeit. „Jeder Tag ist eine Party mit Freunde“, sind die Schwestern Lauren und Helen Fox überzeugt, und eröffneten Ende 2007 an der Upper West Side mit Alice’s Tea Cup eine Teestube, die nicht nur die Eltern, sondern auch den Nachwuchs begeistert: Mit 100 Sorten Tee, traumhafter Küche und märchenhaftem Ambiente, das kleine Prinzen und Prinzessinnen ins Feenland entführt.

Zahlreiche neuere Teesalons stylen sich im „Fusion“-Trend und verbinden Fernöstliches mit modernem Design. Zum Vorreiter wurde der 1992 gegründete „T-Salon“, der auf drei Etagen in tiefem Rot und dunklem Holz Tee-Shop, Tee-Salon und Tee-Schule vereint. Nur wenige New Yorker wagen indes den Weg in die authentischen Teestuben von China-Town, in denen neben klassischen Teesorten allerlei Gebrühtes gegen Gebrechen und Seelenschmerz gereicht wird.

Heimwehkranke Briten zieht es in die winzige, stets überfüllte Stube Tea & Sympathy der Engländerin Nicki. Erinnerungsstücke an die königliche Familie schmücken die Wände, Blütenzweige die zehn Tische. Die Stühle sind bunt zusammen gewürfelt, auf den Fensterbänken lehnen Bücher über Tee gegen das Glas. Während draußen die Warteschlange immer länger wird, genießen drinnen die Gäste dicht gedrängt ihren Tee fast wie daheim – begleitet von Keksen und Kuchen aus Nicki’s Backofen.

Auch im „Danal“ lebt good old Britannia auf. Hier gleicht die Tea Time einem gemütlichen Besuch bei der Großmutter: Umgeben von altem Porzellan in wuchtigen Schränken, gemütlich in blauen Korbsesseln oder auf dem viktorianischen Sofa hockend, scheint die Zeit ein wenig stillzustehen, vertreibt die Teepause die Hektik des Tages.

Tea Time in New York: die Infos

Palm Court

The Plaza Hotel, 59th Street/Fifth Avenue, Tel. 212-546-5350, www.fairmont.com/theplaza

Lady Mendl’s Tea Salon

56 Irving Place, nahe 17th Street, Tel 212-533 46 00, www.ladymendlsteasalon.com

Tea & Sympathy

108 Greenwich Avenue, Tel. 212-807-83 29, www.teaandsympathy.com

Hee Seung Fung Tea House

46 Bowery (Canal Street), Tel. 212-374 13 19

T-Salon

11 E 20th Street, Tel. 212-358 05 06, www.tsalon.com

Danal

90 East 10th Street, Tel. 212-982 69 30

Alice’s Tea Cup

102 W. 73rd St., Upper West Side, Tel. 212-799-3006, www.alicesteacup.com

Diese Beitrag ist im November 2004 im Handelsblatt erschienen. 

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