Südafrika vom Wasser aus – Sandstrände, an denen Elefanten baden, Lagunen, in denen Robben um die Kajaks tanzen, spektakuläre Klippenküsten, traditionelle Dörfer und Wildparks mit den berühmten „Big Five“: Auf einer Kreuzfahrt mit MS Bremen von Kapstadt nach Maputo folgen die Passagiere mit Jeep und Schlauchboot, Lichtbildvorträgen und Lesungen, Show und Schlemmereien ihrer Lust an Entdeckungen.
Das Wahrzeichen der Mother City
Immer wieder dreht sich die Gondel der Seilbahn auf den Tafelberg um die eigene Achse und bietet neue Ausblicke auf die schroffe Bergwand und die Hafenbucht. 90 Meter hoch hängt die Kabine an starken Stahlseilen und saust pro Sekunde zehn Meter schnell das 1086 m hohe Wahrzeichen von Kapstadt empor. Seinen Namen verdankt es seinem eigentümlich abgeflachten Gipfelplateau.
Oft weht ein kalter, kräftiger Wind, der den Tafelberg in Wolken hüllt und ihm sein berühmtes „Tischtuch“ verleiht. Doch heute ist der Himmel makellos klar und blau. Possierliche Klippschliefer, die Murmeltiere ähneln, huschen über den felsigen Grund – die Einheimischen nenne sie Dassies. Ein Modell der Kap-Halbinsel samt Windrose hilft bei der Orientierung: Berlin liegt 9.624 km im Norden, zum Südpol sind es 6.245 km über das Meer.
Wahrzeichen im Häusermeer
Aus dem Häuserdschungel von Kapstadt, dessen Zentrum im Schachbrettmuster angelegt wurde, ragt das älteste Gebäude Südafrikas heraus – das Castle of Good Hope, eine Festung von 1676, die nie in Kampfhandlungen verwickelt war. Die Hauptverkehrsachse Adderley Street endet an zwei Zentren der Macht: der St George Cathedral, in der auch der Nobelpreisträger Erzbischof Desmond Tutu predigte, und den Houses of Parliament.
Zu den schönsten Plätzen der Stadt gehört der Greenmarket Square, ein alter Marktplatz, auf dem jeden Morgen Händler aus alle Ecken Afrikas ihre Stände aufbauen und Kunsthandwerk, schrille Kleidung, Silberschmuck und Souvenirs verkaufen. An der Victoria & Alfred Waterfront, Kapstadts schillerndem Ausgehviertel mit Shopping-Malls, Museen, Restaurants und Bar, liegt die „Bremen“ vertäut.
Expeditionsschiff der Flotte
Die mit vier Sternen klassifizierte MS Bremen ist eines von zwei Expeditionsschiffen der Kreuzfahrtflotte von Hapag-Lloyd, eine Entdeckerin, die Abenteuer und Sicherheit, Exklusivität und familiäre Atmosphäre so herzlich verbindet, dass viele der 164 Passagiere an Bord längst Stammgäste sind.
Einige haben es sich auf dem Balkon ihrer Kabine gemütlich gemacht, mit Deck Chair – nein, nicht aus Plastik, sondern wettergegerbtem Teak, weicher, sonnengelber Auflage und kuscheligem Plaid. Auf dem Teaktisch steht kühler Champagner im Kübel, ein Begrüßungsgeschenk für jeden Gast wie der Obstkorb auf der Kabine.
So entspannt, beginnt das Lieblingsspiel jedes Kreuzfahrers: Die Reling wird zum Maßstab des Geschehens. Mal klettert der Horizont eine Stange hinauf, dann wieder hinunter, mal liegt er über dem Mahagoni-Handlauf, mal ist er ganz unter der stählernen Schiffswand verschwunden. Das sanfte Schwanken wird zum Rhythmus der Reise, wiegt in den Schlaf, begrüßt den Morgen, begleitet den Tag auf See.
Abschied von Kapstadt
Abends um elf, als die Lichter der Stadt mit den Sternen am Firmament um die Wette funkeln, lichtet MS Bremen ihre Anker. Zur Abschiedshymne aus dem Lautsprecher winken die Passagiere von der Reling, den Farewell Cocktail in der Hand. Elf Tage Kreuzfahrt pur liegen vor ihnen: zwei Tage auf See im Atlantischen und Indischen Ozean, sieben Tage Sightseeing, Natur pur und Abenteuer während des 1224 Seemeilen langen Törns entlang der südafrikanischen Küste – und mit Glück die „Big Five“.
Die Seetage beginnen mit Kaffee, Tee und Gebäck für Frühaufsteher im Club. Auch der Fitnessraum sperrt bereits um sechs Uhr auf. Aber so richtig wach wird das Schiff erst beim Frühstück im Restaurant von 8.00 bis 9.30 Uhr. Das Büffet ist proppenvoll, doch die meisten greifen erst einmal zu den tropischen Früchten: Ananas, Papayas, Mango und diverse Melonen. Man isst klimatisiert hinter den Panoramascheiben des Restaurants auf Deck vier oder unter dem Sonnendach auf dem Lido-Deck – und ist danach fit für das Tagesprogramm, das jede Nacht unter der Kabinentür durchgeschoben wird.
Volles Programm auf MS Bremen
Es nennt Lichtbildvorträge der mitreisenden Lektoren in der Panoramalounge, Konzerte mitreisender Künstler wie Jackson Kaujeua, gibt zur Cocktailstunde die Tagesempfehlung „Hemingway“, und weckt die Vorfreude auf die abendlichen Lesungen mit Hardy Krüger, der die gesamte Reise begleitet. Kein Wunder, dass an Deck selbst bei strahlendstem Sonnenschein noch Liegestühle frei sind. Zwei Damen baden im 23 Kubikmeter großen, beheizten Meerwasser-Pool. Frau P., Seniorin aus Hamburg, arbeitet an der Urlaubsbräune. Frau K. beobachtet über den Rand ihrer Sonnenbrille, wie doch – tatsächlich! – Herr L., mit dieser Dame aus Kasse flirtet.
Mit Schweißband ziehen Jogger ihre Runden – viereinhalb Mal um Deck fünf ergeben einen Kilometer. Andere Passagiere lesen in der Bibliothek, lassen beim Friseur die Locken legen, sich bei einer Massage durchkneten oder plaudern im Club, wo man durch Panoramafenster bei einem Drink von der Bar die See betrachten kann. Schließlich gibt das Bordprogramm der MS Bremen auch eine Kleidungsempfehlung für den Tag: Sportlich-leger an den meisten Tagen, festlich-elegant zum Welcome Cocktail und Captain’s Dinner, bei dem Kapitän Mark Behrend (42) jeden Passagier mit Handschlag begrüßt, während der Bordfotograf eifrig blitzt – am nächsten Morgen hängen die Aufnahmen im Schaukasten.
Sichere Landgänge
Bei den neun Tagen an Land sind Bordausweis, Ausflugsticket, festes Schuhwerk – und Abenteuergeist gefragt. Alle Expeditionen der „Bremen“ bewegen sich immer im sicheren Rahmen und werden an Bord durch Diavorträge des Biologen Dr. Oliver Krüger und des Landeskundlers Wolfgang Peters, die über Flora, Fauna, Geschichte und anderes Wissenswertes informieren, vor- und nachbereitet.
Durch ihren geringen Tiefgang von 4,80 Metern kommt die MS Bremen auch dorthin, wo andere Kreuzfahrtschiffe vorbei fahren Und fehlt eine Pier, geht es mit Tender-Booten an Land – oder mit Zodiacs, kraftvollen 36 PS-Schlauchbooten, auf Entdeckertour. Kleine, kurze Wellen schlagen gegen die dicke Bordwand aus Gummi. Manchmal spritzt Gischt auf. Warm, nass, salzig ist die Luft.
Am nächsten Morgen stehen zwei Angler in der Brandung der Mossel Bay. 1488 betrat Bartholomeus Diaz 1488 als erster Europäer den weit geschwungenen Sandstrand. Die hier lebenden Hottentotten empfingen ihn nicht gerade freundlich – Diaz durfte kein Frischwasser aufnehmen und musste ohne neue Vorräte weitersegeln.
Weitaus erfolgreicher war Vasco da Gama, der im November 1497 eintraf, und den westlichsten Ort an der Garden Route zum Versorgungshafen seiner Schiffe machte. Einer seiner Seeleute, Pedro de Ataide, begründete im Jahr 1500 Südafrikas erste Poststelle – den Old Post Office Tree. Während der Bus bereits hupt, legen einige Gäste noch rasch ihre Ansichtskarten in den Stiefel, der in einem uralten Milkwood Tree baumelt.
Das Südafrika zu den an Bodenschätzen reichsten Ländern gehört, zeigt sich in Richards Bay. Wo noch vor wenigen Jahren Flusspferde und Krokodile zwischen vereinzelten Fischerbooten badeten, verlädt der größte Kohlehafen der Welt den Rohstoff, den bis zu drei Kilometer lange „Block Trains“ aus den Tagebauen hierher transportieren. Durch rollende Hügel und weite Graslandschaften geht es nach Kwabhekithunga. Im Kraal poliert eine junge Frau mit Kuhdung den Boden ihres bienenstockförmigen Hauses; ihre Nachbarin braut aus Weizen und Mais das traditionelle Zulu-Bier.
Neugierig kommen die Kinder, lachen über die helle Haut der Besucher. 20 Stämme gehören zur „Rainbow Nation“ Südafrika. Einblicke in das Erbe der Apartheid bilden die Townships von Port Elizabeth, schwarze und weiße Wohngebiete, die koloniale Oberschicht – Buren und Briten – im Durbaner Stadtteil Berea prachtvollen Villen erbaut. Das Gros der Landausflüge folgt jedoch dem Ruf der Wildnis. Die erste Begegnung mit der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt Südafrikas bietet das Botlierskop-Wildreservat.
Tierische Begegnungen
In der Walker Bay nähern sich Robben neugierig den Kajaks der Ausflügler. Ein Netzwerk von 70 km Offroad-Pisten durchzieht den Greater Addo Elephant National Park, der im Jahr 2000 um einen Küstenstreifen erweitert wurden. 350 Elefanten ziehen hier zwischen Strand und Savanne umher – und damit fünf Mal mehr als im berühmten Krüger National Park.
Ebenfalls im Gebiet lebt die weltgrößte Kolonie von Brillenpinguinen. Während die abendliche Sonne rot glühend über der südafrikanischen Busch versinkt, geht es im offenen Geländewagen durch das private Phinda-Wildreservat, dessen Name auf Zulu „Die Rückkehr“ bedeutet.
Das 15.000 Hektar große Schutzgebiet mit sieben Biotopen im Herzen von KwaZulu-Natal ist das Flaggschiff des Artenschutzprogramms der Conservation Corporation Africa – und die Heimat der „Big Five“: Löwe, Leopard, Elefant, Büffel und Nashorn. Flusspferde, Zebras, Giraffen und Antilopen laufen im Tala-Wildreservat vor die Kamera; in Hluhluwe-Umfolozi Game Reserve, einem der ältesten Naturreservate Südafrikas, lassen sich mit etwas Glück die vom Aussterben bedrohten weißen und schwarzen Nashörner erspähen – beim Morning Walk.
Morgenwanderung zum Nashorn
Die Sonne steigt als glühender Feuerball auf. Noch etwas müde lauscht die Gruppe den Erläuterungen des Guides an: „Sie müssen nicht auf den Busch gucken, sondern durch den Busch“. Nach einer halben Stunde Fahrt führt er auf verschlungenen Pfaden zu Giraffen, die ihr erstes Frühstück einnehmen und zeigt übergroße Spinnen, deren Netze im Sonnenlicht gleißen. Dann drängt er die Gruppe plötzlich hinter einen Busch: An einem kleinen Wasserloch stehen tatsächlich zwei Nashörner.
Abends, doch immer noch viel zu früh, geht es zurück an Bord. Pünktlich zur Sailing Time hievt die Crew der „Bremen“ das Fallreep hoch und lichtet Anker. Doch da sitzen die Passagiere längst schon wieder im Club und tauschen ihre Erlebnisse aus: ein Löwe, hautnah. Die Giraffe fraß direkt über uns. Die Elefanten liefen hinter dem Jeep her. Sind Sie aber braun geworden!
Die Herren vergleichen auf den Displays ihre digitalen Schnappschüsse, die Damen tauschen Adressen aus. Nach elf Tagen an Bord der MS Bremen fällt der Abschied schwer, doch viele werden sich wieder sehen. Zurück an Land, blättern sie bereits wieder in den Katalogen, sehnsüchtig nach neuen Seh-Erlebnissen auf See.
Dieser Beitrag ist im Kreuzfahrtspecial des “Rheinischen Merkur” erschienen.