Nationale Ikone: der Himmelbjerget

Er ist nur halb so hoch wie der Pariser Eiffelturm, und doch genauso eine nationale Ikone: der Himmelbjerget. 147 Meter hoch überragt er mit seinem Gipfel das Seenhochland bei Silkeborg in Mitteljütland. Und wie der Eiffelturm dank seiner Antenne verleiht auch hier ein Aufbau zusätzliche Größe: ein 25 Meter hoher Backsteinturm, gebaut nach Vorbild des Turmes der Markuskirche von Venedig, unten Kiosk, oben Aussichtsplattform.


Weit schweift der Blick über die Landschaft, gestaltet von der letzten Eiszeit, deren Schmelzwasser sich die Erdschichten eingegraben, Täler und Hügel geschaffen hat. Und den See Julsø, eingebettet in einem breiten Urstromtal, ein längliches blaues Band, betupft mit mehreren kleinen Inseln, gesäumt von Mischwäldern, Heiden, Weiden und Ortschaften, die nicht als grelle Fremdkörper aufragen, sondern mit der Landschaft vermählen.

Auch der Himmelbjerget entstand während der letzten Eiszeit. Für Geologen indes ist er daher ein „falscher“ Hügel, gebildet von den schrägen Seiten der Schmelzwassertäler – im Gegensatz zu einem ‘echten’ Hügel, der an allen Seiten gleichmäßig abgerundet ist.

Durch einen Druckfehler im Dänischen Atlas von 1768 jedoch galt er gut 150 Jahre lang als „höchsten Berg Europas“, der „aufgrund seiner Steilheit nicht zu besteigen ist und einige tausend Faden hoch sein soll“. Erst 1912 wurde der Fehlerteufel ausgemerzt. Seitdem ist der Himmelsberg der kleine Bruder von Yding Skovhøj und Eijer Bavnehøj, mit 173 Metern bzw. 171 Metern die beiden höchsten Punkte Dänemarks.

An dieser großen Wiese beim Parkplatz mit Hotel beginnt der Aufstieg zum Himmelbjerget. Foto: Hilke Maunder
An dieser großen Wiese beim Parkplatz mit Hotel beginnt der Aufstieg zum Himmelbjerget. Foto: Hilke Maunder

Seiner Beliebtheit hat die Herabsetzung nicht geschadet. Im Gegenteil. 300.000 Besucher pilgern jährlich zu dem Berg, schippern mit den schwimmenden Veteranen der 1861 gegründeten Hjejleselskabet von Silkeborg oder Ry dorthin oder kommen zu Fuß, den traditionellen Himmelsbjerget-Stock mit Schnitzereien, rotem oder grünen Knauf als Wanderstab.

Doch obgleich die Kuppe so markant aus der Landschaft ragt, wurde sie erst 1727 im Rahmen einer königlichen Wolfsjagd erstmals erwähnt. Zu nationalen Ikone stieg der Himmelsberg im frühen 19. Jahrhundert auf. Angeregt von jungen Studenten, die sich in die wildromantische Landschaft verliebt hatten, rief der Dichter und Pfarrer Steen Steensen Blicher 1839 zur Volksversammlung auf dem Himmelbjerget.

Sein Ziel: zur „Neugeburt des geliebten Vaterlandes“ beizutragen. Rund 600 Menschen kamen, eine beachtliche Zahl angesichts der damaligen Reisemöglichkeiten. Der Besitzer des Himmelsbjerget, Hofbesitzer P. Nielsen, erkannte seine Chancen, beantragte sofort eine Schankerlaubnis und die Genehmigung, Eintritt für den Bergbesuch erheben zu dürfen.

König Christian VII. lehnte ab. Um sicher zu stellen, dass „zu allen Zeiten jedermann freien Zutritt zum Himmelbjerget haben“ sollte, kaufte er 1840 kurzerhand den Hügel auf. Der Himmelbjerget wurde zum Symbol des dänischen Nationalbewusstseins.

1854 initiierte Michael Drewsen, Gründer der Silkeborger Papierfabrik und des heutigen Silkeborg, die erste Verfassungsfeier auf dem Himmelbjerget – genau fünf Jahre nach Inkrafttreten des dänischen Grundgesetzes. Diesmal folgten 6.000 Jütländer dem Aufruf.

1862 trafen sich die Freunde der Verfassung noch einmal auf dem Himmelbjerget zur Volksversammlung. Zu den Freunden des Fabrikanten Drewsen gehört auch Hans Christian Andersen. Fünf Mal besuchte er zwischen 1850 – 1859 die Familie und wanderte auch am Himmelbjerget, wo heute die H. C. Andersen-Bank herrliche Ausblicke über die Seenlandschaft eröffnet.

Neben der Dichterbank erinnern zahlreiche andere Denkmäler und Monumente an Menschen und Ereignisse, die eng mit der dänischen Verfassung und der dänischen Geschichte im späten 19. Jahrhundert verbunden sind – als erste der Blicherstein, 1882 aufgestellt zum 100-jährigen Geburtstag des Dichters, der Vilhelm-Beck-Stein für den Gründer der Inneren Mission und der Frauenstein, der seit 1915 an die Einführung des Frauenwahlrechts in Dänemark erinnert.

Erst 1999 gesellte sich die Skulptur „Ånd og Bogstav“ (Geist und Buchstabe) hinzu, ein Worthaus mit Herz aus Eiche und Ulmenholz, geschaffen von Jørn Rønnau anlässlich des 150. Jahrestages der dänischen Verfassung.

In ihrem Schatten picknickt eine dänische Familie. Andere  genießen auf der Aussichtsterrasse des Hotels Himmelbjerget, das sich rühmt, Dänemarks höchstgelegene Herberge zu sein, gehobene Hausmannskost zum unverstellten Blick auf den Julsø.

Der Ausblick von der Kuppe des Himmelbjerget auf die Seenplatte von Silkeborg. Foto: Hilke Maunder
Der Ausblick von der Kuppe des Himmelbjerget auf die Seenplatte von Silkeborg. Foto: Hilke Maunder

Himmelbjerget: Info

Auskunft

VisitDenmark

Glockengießerwall 2, D – 20095 Hamburg, Tel. 01805 / 32 64 63, (0,14 € je Minute aus dem Festnetz, max. 0,42 € je Minute aus dem Mobilfunknetz), www.visitdenmark.com

Silkeborg Turistbureau

Havnen, Åhavevej 2A, DK – 8600 Silkeborg, Tel. +45 86 82 19 11, www.silkeborg.com

Himmelbjerget

www.himmelbjerget.dk

Informative Website auf Dänisch und Englisch zum Berg

Schlafen und schlemmen

Hotel Himmelbjerget

Himmelbjergvej 20, DK – 8680 Ry, Tel. +45 86 89 80 45, www.hotel-himmelbjerget.dk

18 komfortable 2-, 3- und 4-Bettzimmer, alle mit Balkon und Paradeblicken auf das Seenhochland von Silkeborg

Dieser Beitrag wurde 2010 als Auftragsarbeit für Visit Denmark erstellt und von zahlreichen deutschen Medien veröffentlicht.

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