Petri Heil in Hvide Sande

Der betriebsame jütländische Fischereihafen Hvide Sande ist auch für den Sportangler ein Eldorado: Ob bei Kutterfahrten, beim Brandungsangeln oder entspannten Angeln an der Mole oder in den Put & Take-Teichen – stets ist ein guter Fang sicher.

Im Morgengrauen hatte sie abgelegt: M/S Solea, ein 80 Tonnen schwerer Fischkutter von 1975, fast 20 Meter lang und gut fünf Meter breit. Viel Platz bleibt dennoch nicht für die Freizeitangler aus Schwaben, die heute mit an Bord sind. Gegen das Führerhäuschen lehnen lauter Angeln, kurze kräftige Ruten mit einem hohen Wurfgewicht. Blinker, Pike, Vorfächer und geflochtene Schnüre sind in diversen Plastikboxen verstaut.

Auf dem Tauwerk liegen Jacken und Taschen, zwischen Reling und Kombüse klemmen Getränkeboxen, an Deck stapeln sich Kisten und Kübel mit Fisch. Zwei Stunden lang waren sie mit dem Kutter, der bis zu 36 Sportangler pro Törn mitnehmen darf, gen Westen geschippert. Am Hvide Rev, 37 Seemeilen vor der Küste, hatte Kapitän Ivan Lymann (52) die Maschine gedrosselt. Das „Weiße Riff“, das seinen Namen vom hohen Kalkgehalt des Untergrundes erhielt, gehört zu den besten dänischen Fanggebieten für Dorsch. Bis zu 20 Kilo schwere Kerle leben in Tiefen von zehn bis 35 Meter.

Während die „Solea“ über das Wrack treibt krümmen sich die Ruten zum Bersten, sobald ein Fisch angebissen hat. Kräftige Anschläge und starker Drill fordern die Sportangler. Schweiß fließt von der Stirn. Nach und nach werden die Fische eingeholt. Plötzlich endet das Angeln. Eine Schiffsglocke ertönt, das Gerät wird eingeholt, das Schiff gewendet. Stampfend schippert die „Solea“ zum nächsten Stopp auf der Tour.

Stunde um Stunde vergeht im gleichen Rhythmus. Bei Problemen und Fragen helfen die Führer, wie der Skipper jahrelang als Berufsfischer tätig. Noch heute halten sie Verbindung zu den früheren Kollegen auf dem Meer, die ihnen gerne erzählen, wo Fische sind – das hilft, die Körbe zu füllen.

Hvide Sande: Rückkehr von einer Angeltour mit dem Fischkutter "Solea".
Rückkehr von einer Angeltour mit dem Fischkutter “Solea”.

Fritz Kott (46), Inhaber des Angelfachgeschäfts Sandormskiosken im Zentrum von Hvide Sande, bietet das ganze Jahr hindurch auf der „Solea“ Ausfahrten für Hochseeangler an. Im zeitigen Frühjahr, wenn die Laichzeit beginnt, wird vor allem auf Dorsch geangelt. Auf den langen Touren wird über Wracks und Steinriffen, auf kürzeren Touren am „Weißen Stein“ Hvide Sten dichter unter Land geangelt.

Im Laufe des Sommers, wenn sich die Wärme über dem Land gelegt hat und das Temperatur im Meer steigt, kommen die Makrelen hinzu. Wenn der Skipper erst einmal einen Schwarm gefunden hat, lassen sich ohne große Anstrengung mehrere hunderte Makrelen fangen.

Nach zehn Stunden Angelzeit gibt Kapitän Lymann das Zeichen zum Aufbruch. Während die „Solea“ zurück zum Heimathafen gleitet, verarbeiten die Männer ihren Fang: 100 bis 150 Kilo Dorsch hat jeder Angler in seiner Kiste. Der filetierte Fisch kommt auf Eis, alles Entnommene ins Meer – kreischend stürzen sich die Möwen auf Eingeweide, Kiemen, Kopf und Schwanz.

Auf Wunsch filetiert auch Fischhändler Lars Wenneberg, der mit Kott zusammen arbeitet, den Fang. Auch die Aufbewahrung im Kühlhaus bei minus drei Grad Celsius und das Einschweißen der frischen Fisches gehört zum Servicepaket beim Hochseeangeln.

Hvide Sande: Rückkehr von einer Angeltour mit dem Fischkutter "Solea". Hier: der Fang - Dorsch, bereits filetiert.
Der Fang: Dorsch, bereits filetiert.

Im April/Mai kommen die Plattfische aus den tieferen Gewässern hinauf zur Küste. Dann beginnt die Saison der Brandungsangler. Mit bis zu vier Meter langen Ruten und hohen Wurfgewichten von 100 bis 400 Gramm wird bei Wind und Wetter Jagd gemacht auf Limanden (Rotzunge) und Flunder.

Weniger kraftaufwändig ist das Angeln von den Molen, die in die Nordsee ragen. Ein guter und beliebter Angelplatz ist auch das Hafenbecken von Hvide Sande. Schon früh lernt der Nachwuchs die richtig Technik. Ohne väterliche Hilfe steckt ein Knirps von höchsten sieben Jahren einen Sandwurm an den Haken.

Als er ins Wasser fällt, greift der Junge erneut in seine Box: Unzählige Sandwürmer und Bürstenwürmer krabbeln dort über kleine Fischstücke, die ebenfalls als Köder dienen. Seine Fangchance soll ein Arsenal funkelnder Verführer erhöhen: Vorfächer, Perlen, Glimmerscheiben und Spinnerscheiben. Noch 60 Gramm Blei für die Strömung, dann wird die Schnur weit ausgeworfen, die Rute in den Halter gesteckt und wieder mit den Freunden gefachsimpelt.

Mitten in der Stadt liegt nahe der Schleuse ein Put & Take-Angelteich. Hier: Angler mit Forelle im Netz.
Mitten in der Stadt liegt nahe der Schleuse ein Put & Take-Angelteich. Hier: Angler mit Forelle im Netz.

Kinderleicht, aber kostenpflichtig ist das Angeln in den ganzjährig geöffneten Put & Take-Teichen, wo die Fische fast immer in „Beißlaune“ sind. Ausgesetzt werden nur Fische von anerkannten Züchtern: Regenbogen- und Bachforellen sowie Saibling, gelegentlich auch Tiger- und Silberforellen. Bezahlt wird meist nicht nach Fanggewicht, sondern Angelzeit pro Rute – vier Stunden kosten nicht einmal zehn Euro. Eine Angelkarte ist nicht erforderlich.

Höhepunkt im Jahreslauf ist das Heringsfestival von Hvide Sande, dem größtes Ereignis dieser Art in Dänemark. Alljährlich am letzten Wochenende im April treten sich Hunderte Sportangler auf den Plattformen und Steinen an der Schleuse zum Wettangeln auf „Sild“ an. Für Rollstuhlfahrer wurde ein Steg an der nördlichen Seite der Schleuse angelegt.

Längst gibt es für passionierte Angler die passenden Unterkünfte. Der Ferienhausvermittlers Novasol bietet Angelhäuser mit Plätzen zum Ausnehmen der Fische, Gerätekammer und 150 Liter Gefriertruhe zum Einfrieren des Fanges. Maßgeschneidert für behinderte Angler sind die 13 Ferienhäuser von Hvide Sande Sluse.

Ssie verfügen nicht nur über Arbeitstische mit Stahlwaschbecken und 120 Liter Gefriertruhe, sondern auch ausreichend Drehfläche für Rollstuhlfahrer. Insgesamt sind in Hvide Sande rund 50 Ferienhäuser mit großer Gefriertruhe, Gerätekammer und Arbeitstisch zum Ausnehmen der Fischer perfekt für Sportangler eingerichtet.

Hvide Sande: Fischerhütten im Gammel Havn.
Fischerhütten im Gammel Havn.

Angeln in Hvide Sande: Info

Auskunft

Hvide Sande Turistbureau

„Fiskeriets Hus“, Nørregade 2b, DK – 6960 Hvide Sande, Tel. +45 97 31 18 66, www.nordsee.dk, www.hkt.dk, www.hvidesande.dk

Hochseeangeln

M/S Solea

Sandormskiosken, Nørregade 2b, DK – 6960 Hvide Sande, Tel. 45 97 31 23 41, www.solea.dk

Ganzjährig 3-, 8-, 14- oder 20-stündige Angeltouren in der Nordsee, Abfahrten täglich.

Put & Take-Teiche

Søndervig Put & Take Sø

Holmslandklitvej 126, Hvide Sande, Tel. + 45 97 33 72 82

Behindertenfreundlicher, 7.000 Quadratmeter großer Angelsee Servicegebäude zum Fische säubern, Würmer-Automat, WC, Grill, Spielplatz.

Klegod Fiskesø

Holmslandklitvej 100,Hvide Sande, Tel. +45 97 33 90 25

Zwei behindertenfreundliche Angelseen mit insgesamt 12.000 Quadratmetern mit Windschutz, Aufenthaltsraum, überdachter Terrasse, Fischreinigungsplatz, Automat für Würmer und Zubehör.

Klittens Put & Take

Sønder Klitvej 53, Hvide Sande, Tel. +45 97 31 24 33, www.klittens-dambrug.dk

Neuer Forellenteich in den Dünen 5 km südlich von Hvide Sande. In der dazugehörigen Räucherei kann der frische Fang gleich geräuchert werden. Auch Put & Take für Kinder.

Hvide Sande Fiskesø & Dambrug

Beddingsvej 55, Hvide Sande, Tel. +45 40 16 24 95

Behindertenfreundlicher Salzwasser Put & Take-Teich mit Reinigungseinrichtungen, Tischen und Bänken.

Veranstaltungen

Heringsfestival

Wettangeln am letzten Wochenende im April, www.sildefestival.dk

Molenwettbewerb

Alljährlich im Juli und August

Nordsee-Cup

Wettbewerb der Brandungsangler am letzten Wochenende im Oktober

Dieser Beitrag war eine Auftragsarbeit für den Reportagedienst von Visit Denmark und wurde am 28. Juli 2004 an deutschsprachige Medien versandt.

Hvide Sande: Fischereihafen. Dänische Fischkutter sind traditionell blau gestrichen. Im Hintergrund die Stadtkirche.
Hvide Sande: der Fischereihafen. Dänische Fischkutter sind traditionell blau gestrichen. Im Hintergrund die Stadtkirche.

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