Fische im Kloster – wo gibt es das? In Stralsund! Ein Schild weist den Weg zum ehemaligen Katharinenkloster. Wo einst die Dominikaner die Messe lasen, die Artilleristen im Zeughaus sauften und fluchten, Gymnasiasten mit Rohrstock und Ohrpfeifen das Rüstzeug fürs Leben erhielten, lohnen heute zwei Museen den Besuch.
Schon 1858 bis 1924 war das „Provinzialmuseum für Neuvorpommern und Rügen“ hinter den hohen Klostermauern untergebracht. Zwischen Remter und Refektorium residiert heute das „Kulturhistorische Museum“.
Die Regionalsammlung zur Geschichte der Stadt und ehemals Schwedisch-Pommern besitzt ein echten Schatz: den berühmten Hiddenseer Goldschmuck aus dem 10. Jahrhundert.Zur Sammlung gehören ferner mittelalterliche Sakralkunst, ein Biedermeier-Zimmer mit Stralsunder Fayencen und Gemälde von Caspar David Friedrich.
Das Modell der „Atlantik“ direkt am Eingang erinnert an die maritime Geschichte der Hansestadt, deren schnelle Segler selbst bis nach Amerika schipperten, Getreide und Geschmeide in die neue Welt brachten.
Das 73 Meter lange Schiff der turmlosen Klosterkirche nahm nach Einbau eines speziellen Stabgerüstes 1974 das Meeresmuseum auf. Gegründet wurde das meereskundliche Museum bereits 1951 – mit seinem „Naturkundemuseum“ legte Professor Otto Dibbelt damals den Grundstück der einzigartigen Schau, die alljährlich mehr als eine halbe Million Besucher in die heiligen Hallen lockt.
Hauptattraktion im Chor der Kirche ist das fast 16 Meter lange Skelett eines Finnwals, der einst vor Rügen strandete. Eine atemberaubende Attraktion ist auch das acht Meter hohe Korallenriff – der Pfeiler, in Einzelteilen aus dem Roten Meer geborgen, wurde Millimeter genau in Stralsund wieder zusammengesetzt.
Die Schauvitrinen des Aquariums mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 150 Kubikliter informieren über Flora und Fauna auf allen sieben Meeren. Großes Gedränge herrscht auch immer vor dem 50 Kubikliter-Becken: Hier lassen sich tropische Korallenfische bestaunen.
Im Kirchhof ruht ein 17 Meter langer Holzkutter. Der Kahn, mit dem einst die Hochseefischerei der DDR begann, ist eine beliebtes Kletterobjekt der Kinder, die sich über die Reling schwingen, staunend die dünnen Netze anfassen und nicht selten fragen: “Beißen die Fische die nicht durch?”
Selbst ein schneller Spaziergang durch Stralsund sollte zum Alten Markt führen. Das Rathaus mit seiner prächtigen Repräsentationsfront zählt zu den schönsten Werken der Backsteingotik in Nordeuropa. Die Giebelwand zeigt, von links gesehen, die Wappen der Hansestädte Lübeck, Rostock, Wismar und Stralsund.
Ursprünglich diente der Bau mit Kellergewölben aus dem 13. Jahrhundert als „Kophus“, als Handelsplatz für einheimische und ausländische Kaufleute. Sehenswert ist auch der von hölzernen Säulen getragen Umgang im Innenhof.
Den schönsten Blick über die Hansestadt am Strelasund bietet der Turm von St. Marien: Mächtige Bastionen schützen nicht nur die vier Kirchen der Altstadt, sondern auch die prunkvollen Patrizierpalais, die schmalen Bürgerhäuser aus rotem Backstein und die kleinen Katen der Handwerker und Seeleute.
„Meerstadt ist Stralsund, vom Meere erzeugt, dem Meere ähnlich. Hier wohnen Menschen voller Abenteuerlust und Behutsamkeit, prächtig, stolz, abgehärtet, furchtlos, grausam, trotzig, fromm.
Die Stralsunder richtetet sich der Insel ein wie auch einem Schiff, deren Masten die Kirchtürme waren, überraschend hoch, “weithin sichtbar in der Wildnis des Meer“, hielt Ricarda Huch nach ihrem Besuch 1927 in ihren Reisebuch „Im Alten Reich“ fest. Der Blick aus 104 Meter Hohe nach 345 engen Treppenstufen gibt ihr recht, wenn auch außer Atem.
Dieser Beitrag ist 1991 in “1000 Ausflugsziele in Mecklenburg-Vorpommern” erschienen.