Stop-over in Bangkok: eine Stadt im Fluss

Bangkok ist überwältigend. Alle Versuche, die Stadt zu verstehen, zu beschreiben, auf wenige Seiten zu pressen, scheitern zwangsläufig. Die Hauptstadt Thailands ist ein Moloch, laut, voll, verstopft. Und doch ein faszinierender Schmelztiegel der Kulturen, der vibriert, in die Zukunft vorprescht, sich immer wieder neu erfindet, ohne die Wurzeln zu verlieren. Der beste Weg, sie zu entdecken: sich treiben lassen im geschäftigen Trubel zwischen Tradition und Trend, Tuk-Tuk und Tempel.

Sieben bis acht Millionen Menschen leben in Bangkok, so genau weiß das niemand, zehn Millionen sollen es in der Metropolregion der „Stadt der Engel“, deren vollständiger Name mit 139 Zeichen der längste Ortsname der Welt ist: กรุงเทพมหานคร อมรรัตนโกสินทร์ มหินทรายุธยามหาดิลก ภพนพรัตน์ราชธานีบุรีรมย์ อุดมราชนิเวศน์ มหาสถานอมรพิมาน อวตารสถิต สักกะทัตติยะ วิษณุกรรมประสิทธิ์ – zu deutsch Stadt der Engel, große Stadt, Residenz des heiligen Juwels Indras, uneinnehmbare Stadt des Gottes, große Hauptstadt der Welt, geschmückt mit neun wertvollen Edelsteinen, reich an gewaltigen königlichen Palästen, die dem himmlischen Heim des wiedergeborenen Gottes gleichen, Stadt, die von Indra geschenkt und von Vishnukarm gebaut wurde…

Oder, für die Thai, nur kurz „Krung Thep“. Einst mit Kanälen und Elefantenwegen am Ostufer des Chao Praya angelegt, wurden die alten Durchgangswege für die wachsende Zahl an Automobilen in den 1950er-Jahren zugeschüttet: Millionen stauen sich heute rund um die Uhr auf den Straßen. Schneller unterwegs ist man auf den Schienenwegen der Metro und des auf Stelzen durch die Stadt sausenden, vollautomatischen Bangkok Sky Train.

Bangkok: Fähre auf dem Chao Praya
Mit der Fähre zu den Sehenswürdigkeiten am Fluss

Chao Praya – Strom der Geschichte

An der Station Saphan Taksin streben Thais und Touristen mit schnellen Schritten den Booten zu, die am Anleger vertäut sind: Nur… welches Boot ist das Richtige? Gibt es denn neben den auf alt getrimmten Hotel-Shuttles und bunt bemalten Booten privater Fährleute, die pauschal erst einmal 100 Baht verlangen, nicht auch noch öffentliche Fähren?

Doch! Die Farben Flaggen am Heck verraten, wie schnell ist sind – und wie teuer die Fahrt wird. Ein blauer Banner kündet die Ankunft des Chaophraya Tourist Boat an, das acht Piers in der Nähe von Sehenswürdigkeiten am Fluss anläuft, während ein junges Mädchen in das Mikro schreit, um den Motorenlärm zu übertönen, Sehenswertes erklärt und ein wenig Thai unterrichtet. „Sawasdee – willkommen!“ Das „CTB“ schippert von sechs Uhr früh bis abends um acht zum Einheitspreis von 40 Baht flussauf und flussab.

Am preiswertesten sind die Fähren ohne Flagge (10, 12, 14 Baht). Weht eine orange Flagge im Wind, kassiert die resolute Schaffnerin 20 Baht, bei gelbem Wimpel je nach Strecke 20 oder 29 Baht. Auf der grünen Route von Pakkret – Sathor sind 13, 20 bzw. 32 Baht zu entrichten.

Und während wir noch überlegen, schiebt uns die Menschenmasse mit ins Boot, das gerade angelegt hat, sind die Leinen gelöst, und wir gleiten mit Gemüsekähnen, Fischerbooten und Feederschiffen den Fluss hinab, der 50 km weiter in den Golf von Thailand ergießt.

Hotellegenden wie das Oriental Bangkok, das Royal Orchid und das Peninsula ziehen vorbei, dann windschiefe Holzhütten, auf Stelzen am Ufer gebaut. Hinter der Memorial Bridge, der ersten und ältesten Verbindung hinüber nach Thonburi am Westufer, künden bunt lasierte Dächer und schlanke Tempeltürme vom alten Bangkok. 400 Wats, buddhistische Tempelanlagen, soll es in Bangkok geben.

Bangkok: Wat Arun vom Chao Praya aus
Der Wat Arun vom Chao Praya aus

Zum Wahrzeichen wurde der Wat Arun, der Tempel der Morgenröte, dessen „Prang“ (Tempelturm) mit Muscheln und chinesische Porzellankacheln überzogen ist – welch ein Funkeln in der Morgensonne! Bedeutender ist jedoch sein Gegenpart am anderen Flussufer, Wat Phra Kaeo, in ein kleiner Smaragd-Buddha in luftiger Höhe von elf Metern auf einem kunstvoll verzierten, goldenen Thron sitzt und Wächter streng darauf achten, dass niemand ihm die Fußsohlen oder Zehenspitzen beim Niederknien zeigt.

Bangkok: Phra Kaeo
Der Phra Kaeo-Tempel

„No picture!“ ruft er warnend, als ein Tourist sein Handy zückt. „Skirt over knee“, ermahnt er seine Begleitung. Der Wat Phra Kaeo war der Tempel des Königs – seine Residenz ist heute Teil des Touristenmagneten „Grand Palace“, dessen Warteschlangen weit hinaus auf die Straße reichen, wo findige Händler Tücher und Wickelröcke verleihen an alle, die nicht gottesfürchtig genug angezogen sind. Den züchtigen Look kontrollieren Soldaten an den Eingangsschranken. Gemeinsam mit dem Wat Phra Chettuphon, dem ältesten und größten Tempel Bangkoks, bildet die königliche Palast- und Klosteranlage auf der einstigen Flussinsel Ko Kattanakosin das alte Zentrum der Stadt.

Die neue Religion: Konsum

Wie tief religiös die Thai sind, erleben wir am Nachmittag. Inmitten der Shoppingcenter und Mega-Malls, die sich vom National Stadium bis nach Chit Lom hinziehen, legen sie Opfergaben am Erewan-Tempel nieder und drücken einem Tempeldiener eine Geldscheine in die Hand.

Ein Xylophon-Spieler schlägt auf seinem hölzernen „ranad“ ein paar Töne ein. Trommel, Glockenspiel und „saw“, eine thailändische Fidel, ergänzen die Melodie, zu der ein halbes Dutzend Tempeltänzerinnen kunstvoll die Hüften schwingt, die Finger biegt und die Augen rollen lässt, während der Spender auf einem Bodenkissen hockt und betet.

Der brausende Verkehr, die fliegenden Händlerinnen mit ihren leuchtend gelben, geflochtenen Blütenketten, die vielen Menschen, der Staub und die stickige Hitze… für Minuten ist der Gläubige ganz und gar der Welt entrückt. Dann steht er auf, rückt die Kleidung zurecht, wäscht sich in einem Becken mit einer Blechschüssel die Hände, nickt einmal noch kurz der Gottheit zu und eilt dann hin zum Siam Square. Glaube und Konsum trennen nur wenige Schritte.

Mir kommen die Worte von Phra Paisan Visalo in den Sinn. „Konsum ist die neue Thai-Religion. In der Vergangenheit gingen die Menschen an jedem heiligen Tag in den Tempel. Heute gehen sie stattdessen in die Einkaufszentren,“ hatte der landesweit am meisten verehrte Mönch im vergangenen Jahr gesagt und ein Umdenken gefordert. Doch die Macht des Mammon scheint größer.

Die älteste Shoppingmall Bangkoks - MBK
Die älteste Shoppingmall Bangkoks – MBK

Am Siam Square buhlen internationale Labels mit thailändischen Marken in Einkaufstempeln der um Kundschaft, und selbst sonntags strömen die Massen ab 10 Uhr früh ins Siam Center und seinen Zwilling Siam Discovery Center, in die Luxuslabelhochburg Siam Paragon und zu den Hunderten Geschäften des MBK, ältestes Shoppingcenter der Stadt.

Die traditionellen Garküchen und kleine Thai-Lokale haben Restaurantketten wie das Hard Rock Café verdrängt, die vergessen lassen, wo man sich gerade befindet, so beliebig und austauschbar sind Musik und Mahl. Wer hofft, hier ein billiges Schnäppchen zu machen, wird enttäuscht.

Das Preisniveau der Weltmarken ist längst rund den Globus gleich, Adidas in Bangkok genauso teuer oder preiswert wie daheim. Wer jedoch nicht so genau hinschaut, findet auf der obersten Etage des MBK eine reiche Auswahl an mehr oder minder gut gemachten „fakes“, gefälschten T-Shirts und Taschen von Trendmarken.

Nicht immer garantiert echt ist auch die Mode auf dem Pratunam-Markt, dem größten Umschlagplatz für Textilien in Südostasien. Erst um 17 Uhr – aber dafür bis Mitternacht! – öffnet das Asiatique. Die Architektur des 2012 eröffneten Nachtmarktes von Bangkok wurde den einstigen Lagerhallen der East Asiatic Company von 1907 nachempfunden. Doch statt Teak wird heute dort in 1.000 Läden alles angeboten, was das Herz vielleicht begehrt: traditionelle Handwerkskunst und Home Deko, Mode und Möbel, Kitsch und Krimskrams.

Schmerzen die Füße, vertreiben mehrere Kosmetik- und Wellnessinstitute im Großraumsaal unter Neonleuchten Ansätze von Müdigkeit mit Thai-Massagen, Botox-Spritzen oder neuem Make-up. Alternativ greifen die Thai gerne zu Krating Daeng, dem Urvater der Energy-Drinks auf den 1970er-Jahren, der jährlich millionenfach für zehn Baht die Koffeinkicks gibt, mit denen die Nacht lang werden kann…

Kinoreife Cocktails

„Sie beginnt am besten mit einem Sundowner in einer der neuen schicken Skybars“, empfiehlt mir der Concierge unseres Hotels. „Im höchsten Gebäude Thailands, dem 328 Meter hoch emporragenden Baiyoke II Tower, gibt es eine rotierende Aussichtsplattform mit Bar und Büffetrestaurant. Dann wären da noch die Red Sky Bar auf dem Shopping-Hochhaus Central World (999/99 Rama 1 Road, 55. Stock), die beliebte Moon Bar des Hotels Banyan Tree Bangkok …“ Und nichts nah am Fluss? Der Concierge überliegt. „Doch! Im Lebua State Tower auf dem Dach des Fünfsternehotels warten auf Sie gleich mehrere Bars und Restaurants!“

Aus "Hangover 2" berühmt: das Restaurant des Lebua State Towers in Bangkok
Aussichtsreich: das Restaurant des Lebua State Towers in Bangkok

Berühmt wurde vor allem das Open-Air-Restaurant „Scirocco“, das im Kinofilm Hangover 2 als Kulisse diente. In der welthöchsten offenen Rooftop-Bar ist bis heute im 63. Stock, und damit gut 230 m über den Dächern von Bangkok, ein Cocktail Kult, der speziell für die Filmkomödie kreiert wurde – aus Schnaps, grünem Tee, Apfelsaft und Martini Rosso. Und wer nun meint, er sei bereits betrunken, wenn er ein leichtes Schwanken spürt, irrt: Die Bar rotiert um ihre eigene Achse.

Rooftop Bar des Lebua State Towers
Direkt an den Glasscheiben verläuft die Sitzbank der Rooftop Bar

Bangkok: die Infos

Zur Autorin

Auf ihren Reisen nach Australien legt die Hamburger Journalistin Hilke Maunder bei Hin- und Rückflug immer stop-over in Asien oder Arabien ein. Bangkok findet sie besonders spannend – die Stadt erfindet sich gerade neu!

Hinkommen

Thai Airways bietet in Kombination mit den Flügen ab Frankfurt/Main attraktive Stopover-Pakete an. Im Herbst/Winter 2013/14 fangen die Flugpreise Frankfurt oder München – Bangkok ab 779 € an. Der internationale Flughafen liegt 22 km nördlich der Stadt; Hotel-Transfers sind bei Stopover-Paketen inbegriffen. Das Visum wird bei einem Aufenthalt bis zu drei Monaten direkt bei der Einreise in den Pass gestempelt.

Der Verkehr in Bangkok zu ruhigen Zeiten
Der Verkehr in Bangkok zu ruhigen Zeiten

Geld

Die Landeswährung Baht ist sehr stabil und kann rückgetauscht werden; der Umtauschkurs: 1 THB = 0,023 €, 1 € = 42,2 THB.

Klima

Bangkok kennt nur drei Jahreszeiten: heiß, regnerisch und kühl – für Europäer ist es gefühlt aber immer tropisch warm und feucht. Die Hauptstadt gleicht einem gigantischen Treibhaus und wurde von der World Meteorological Organization zur „heißesten Metropole der Welt“ gekürt.

Schlafen

Eine ungewöhnliche grüne Oase im Großstadt-Dschungel ist das Bangkok Treehouse. Der schwimmende Markt von Bang Nam Pheung ist nur zehn Fahrradminuten entfernt.
• Tel. +66 82 995 11 50, 60 Moo 1, Petch Cha Hueng Road, Phra Pradaeng 10260, www.bangkoktreehouse.com) –

Die Vorteile von Ferienwohnung und Hotel vereint die Oriental Residence mit 145 Luxusappartements im Botschaftsviertel. Zahlreiche Specials machen den Aufenthalt günstiger.
• 110 Wireless Road, Lumpini, Patumwan Bangkok 10330, Tel. +66 2 125 9000, www.oriental-residence.com) –

Schlemmen

Garküchen finden sich an jeder Ecke und verführen mit authentischer Thai-Küche die Sinne. Damit der Genuss ein Vergnügen bleibt, sollten Teller, Schalen und Geschirr nicht in der Schüssel, sondern unter fließendem Wasser abgespült werden. Wer ganz sicher gehen will, verzichtet auf Salat und isst nur Gerichte, die gekocht oder gebraten wurden.

Knigge

Thais sind sehr höflich und halten sich mit öffentlichen Darstellungen ihrer Gefühle zurück. Hände zu schütteln ist unüblich, gegrüßt und gedankt wird mit gefalteten Händen. Füße gelten als unrein; Fußsohlen oder Zehenspitzen werden nie (!) auf den Gegenüber und beim Niederknien im Tempel gar auf den Buddha gerichtet.

Info

Thailändisches Fremdenverkehrsbüro, Bethmannstraße 58  60311 Frankfurt am Main, Tel. 069 138 13 90, www.thailandtourismus.de

Bangkok: Wat Ratchanadda
Wat Ratchanadda

One Night in Bangkok

One night in Bangkok makes a hard man humble
Not much between despair and ecstasy
One night in Bangkok and the tough guys tumble
Can’t be too careful with your company
I can feel the Devil walking next to me

Bangkok, Oriental setting
And the city don’t know what the city is getting
The creme de la creme of the chess world
In a show with everything but Yul Brynner

Time flies, doesn’t seem a minute
Since the Tirolean Spa had the chess boys in it
All change, don’t you know that when you
Play at this level, there’s no ordinary venue

It’s Iceland or the Philippines
Or Hastings or, or this place

One night in Bangkok and the world’s your oyster
The bars are temples but the pearls ain’t free
You’ll find a God in every golden cloister
And if you’re lucky then the God’s a she
I can feel an angel sliding up to me

One town’s very like another
When your head’s down over your pieces, Brother

It’s a drag, it’s a bore, it’s really such a pity
To be looking at the board, not looking at the city

Whaddya mean?
Ya seen one crowded, polluted, stinking town

Tea girls, warm and sweet, warm, sweet
Some are set up in the Somerset Maugham Suite

“Get Thai’d”, you’re talking to a tourist
Whose every move’s among the purest
I get my kicks above the waistline, sunshine

One night in Bangkok makes a hard man humble
Not much between despair and ecstasy
One night in Bangkok and the tough guys tumble
Can’t be too careful with your company
I can feel the Devil walking next to me

Siam’s gonna be the witness
To the ultimate test of cerebral fitness
This grips me more than would
A muddy old river or Reclining Buddha

But thank God, I’m only watching the game, controlling it

I don’t see you guys rating
The kind of mate I’m contemplating
I’d let you watch, I would invite you
But the queens we use would not excite you

So you better go back to your bars, your temples
Your massage parlors

One night in Bangkok and the world’s your oyster
The bars are temples but the pearls ain’t free
You’ll find a God in every golden cloister
A little flesh, a little history
I can feel an angel slidin’ up to me

One night in Bangkok makes a hard man humble
Not much between despair and ecstasy
One night in Bangkok and the tough guys tumble
Can’t be too careful with your company
I can feel the Devil walking next to me

Murray Heads

Dieser Beitrag ist 2013 als Stop-over-Bericht im Ländermagazin 360° Australien erschienen. Die Reise wurde unterstützt von Thai Airways.

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