Die „Sandwüste Mecklenburgs“ nannte Geheimrat Goethe in seinen Briefen das weite Land im Südwesten der Landeshauptstadt Schwerin. Und wenn Hansjürnn Timmermann mit Pferd und Wagen hinter Hornkaten in die Lieper Berge kam, wo der Sand am dünnsten war, hielt er jedes Mal still, kuckte sich um und sagte: „Dies Land ist dem lieben Gott auch man mäßig geglückt.“
Dies lässt Johannes Gillhoff in seinem Roman über den Tagelöhnerjungen Jürnjakob Swehn berichten. Bei den Einheimischen hieß das Gebiet westlich von Ludwigslust schlicht „Griese Gegend“.
Fahlgrauer Sand bedeckt den Boden, zurückgelassen in den letzten Eiszeiten vor etwas 100.000 Jahren. Damals überschütteten die Schmelzwasser, die unter dem Gletscherrand hervorquellen, die älteren Schichten mit Sand und Schotter.
Sie schufen so ein weites, plattes Land, das sanft zur Elbe abfällt, selten durch kleine Binnendünen unterbrochen. Kiefernwälder bestimmen die Landschaft, unterbrochen von Heideflächen, Dünen oder Grünland. Auf den kargen Äckern bauten Bündner und Kleinbauern Kartoffeln, Roggen und Buchweizen an.
Wo früher der hohe Grundwasserspiegel ausgedehnte Moore schuf, weiden heute Kühe. Langgezogene, schmale Kanäle durchziehen die Wiesen.
Die Bauern ernteten hier früher nicht nur das Heu für ihr Vieh, sondern begannen auch zu graben: An vielen Orten wurde „Klump“, ein eisenhaltiges Gestein, per Hand gefördert. Bis zum 18. Jahrhundert wurde daraus Eisen geschmolzen. Die Not im Ersten Weltkrieg ließ die alte Tradition nochmals aufleben. Damals wurde der Klump auch zum Bau der Häuser verwendet.
Die „Klump-Häuser“ bilden eine Besonderheit der Landschaft. Die schwarz-braunen, groben Feldsteinen wurden strahlend weiß verfugt. Das Krüppelwalmdach wurde meist traufständig mit roten Ziegel oder Schindeln gedeckt. Ein grün gestrichener Holzlattenzaun, gelegentlich mit weißen Spitzen verziert, trennt den kleinen Vorgarten von der sandigen Straße. Lang und breit erstrecken sich die Häusler- und Bündnerreihen im Dorf.
Die einsamen Einzelgehöfte sind meist niederdeutsche Hallenhäuser. Die Durchfahrtshäuser, die Ähnlichkeit mit den Fletthäusern der Lüneburger Heide besitzen, bestehen aus dem mittleren Herdraum, dem „Flett“, der „Döns“, den „Luchten“, den Räumen zwischen den Tragbalken, einer Bauernstube und dem Schrankbett, „Butte“ genannt.
Das älteste Haus wurde bei 1936 bei Ausgrabungen in der Nähe von Lübtheen entdeckt. Rund 700 Jahre alt ist das Haus Ramm. Das niederdeutsche Hallenhaus zählt zu den schönsten Bauten in Südwest- Mecklenburg.
Die herbe Schönheit und die rauhe Herzlichkeit ihrer Bewohner beschrieb Richard Giehse (1890 bis 1965) wie kein Zweiter. Plattdeutsche Prosa, Lyrik und Aufsätze verfaßte Giehse, häufig auch unter dem Pseudonym “Kieümdeick”.
Der Sohn eines Schlachter ist mit seinem Werk tief in seiner Heimat verwurzelt. “In Holt und Heid` un Ellernbrauk/Wietaf von Striet un Larm/Liggst du as buntgewörpelt Dauk/Min Heimat, weik und warm” beginnt seine Huldigung an die „Gries‘ Gegend“.
“Dien Dannen stahn so statsch un stur/Dien Saat dreggt lohnig Kurn/Dien Klocken lürrn in Moll un Dur/Un Blaumen bläuhn in`n Gurn./
Doch ok in Näwel un in Nacht/In Wäder för dei Deiw`,/Wenn dei oll Ul in`n Bastboom lacht, /Heff ick di giern un leiw/.
Dien Minschen gahn iehrn stillen Gang/In truge, dütsche Urt,/Sei hanneln, ahn tau räden lang,/ Un Handslagg gellt un Wurt./
Dei Lüd, dei di nich kenn`n un seih`n/Schimpn “Griese Gegend” di/Lat`s tünen, wat kann die gescheihn/Dat Räden steiht ihr fri./
Mit aewer ist vull Sünnenschen/Dien Holt und Heid`und Dand/ Wo künn dat ok woll anners sien, büst jo mien Heimatland!”
Dieser Beitrag ist 1991 in “1000 Ausflugsziele in Mecklenburg-Vorpommern” erschienen.