Self-Drive Tasmanien: eine teuflische Tour

Wildnis im Westen, Altengland im Osten: Tasmanien. Auf der Insel „under down under” hat eine 12.000-jährige Isolation ein anderes Australien geschaffen. Seine 513.000 Einwohner „ballen“ in der Hauptstadt Hobart oder wohnen in Orten wie Promised Land, Paradise oder Nowhere Else. Nirgendwo anders wollen auch wir jetzt nicht sein, und rollen mit unserem Holden zum Museum of Old and New Art (MONA), das der Glückspielmillionär David Walsh für 300 Millionen Dollar in urzeitlichen Sandstein schlagen ließ.

Im Herzen dieses „Antimuseums“ ruht The Snake: 1.620 Bilder von Sidney Nolan, zusammengefügt zur Serpentine. Daneben: Kohlsäcke von Jannis Kounellis. MONA schockiert, provoziert, irritiert – und lockt Heerscharen von Besucher zum Weingut Moorilla Estate.

Tasmanien: Mount Field National Park: Horseshoe Falls. Foto: Hilke Maunder
Mount Field National Park: Horseshoe Falls. Foto: Hilke Maunder

Eine Stunde später sind wir ganz für uns, wandern im Mount Field National Park unter Riesenheide um Lake Dobson und bestaunen 80 m hohe Königseukalypten. Ein Fünftel der Insel – so groß wie Irland – bedeckt urzeitliche Wildnis, von der Forstwirtschaft bedroht, von der Bevölkerung vehement verteidigt.

Herzstück der Tasmanian Wilderness World Heritage Area ist der Franklin Gordon Wild Rivers National Park, durch den sich der Lyall Highway windet. Am Straßenrand locken „short walks“. Auf einem Holzbohlenweg dringen wir ins Dickicht ein. Baumfarne ragen meterhoch auf, überall gluckert und gurgelt es. Infotafeln entführen uns in die Zeit des Superkontinents Gondwana, der vor 250 Millionen Jahren Afrika, Südamerika, Indien, Madagaskar, Australien und Neuseeland vereinte.

Tasmanien: Cradle Mountain und Lake Dove. Foto: Hilke Maunder
Cradle Mountain National Park mit Lake Dove. Foto: Hilke Maunder

Bis heute haben Pflanzen aus jener Zeit im Regenwald überlebt. Und Exoten wie der tasmanische Teufel, ein nachtaktiver Jäger mit teuflisch scharfem Gebiss, Quolls genannte Tüpfelbeutelmarder, behäbige Wombats und Bettongs, 40 cm große Bürstenschwanzkängurus. Der Weg endet an Kaskaden, die in Stufen über schwarzen Fels donnern. Noch wilder gebiert sich der Franklin River beim Rafting. Rein in den Neopren, los zum Teufelsritt über Strudel und Stromschnellen.

Abends genießen wir Wellness nach tasmanischer Art: Hoch über einem Bach blubbert der Whirlpool, vom Ruheraum der Sauna im Waldheim Alpine Spa schweift der Blick zum Cradle Mountain (1.545 m). Zackig und zerfurcht ragt seine graue Spitze aus verwunschenen Regenwäldern.

Tasmanien: Cradle Mountain und Lake Dove. Foto: Hilke Maunder
Um Lake Dove führt eine einfach, wunderschöne Kurzwanderung. Foto: Hilke Maunder

An seinen Füßen durchzieht 80 Kilometer lang der Overland Track das Hochland. Uns lockt indes der sechs Kilometer lange Dove Lake Circuit, der als große Schleife durch offenen Busch, Buchengestrüpp, Büschelgras und den Ballroom Forest den gleichnamigen See umrundet.

Die XXL-Distanzen von Australiens Festland gewöhnt, erstaunt es uns immer wieder, wie schnell auf Tasmanien die Szenerie wechselt. Eben noch im Wald, jetzt mitten im Wein. Seit den 1970er-Jahren produzieren Pioniere wie Pipers Brook und Josef Chromy im Tamar-Tal prämierten Tropfen: Pinot Noir, Riesling und Chardonnay. Den Weg zu 32 Winzern weist uns Tamar Valley Wine Route, die nach 170 km in Launceston endet, zweitgrößte Stadt der Insel und „very british“.

Tasmanien: St. Matthias Vineyard: Pinot-Noir-Ernte. Foto: Hilke Maunder
St. Matthias Vineyard: Pinot-Noir-Ernte. Foto: Hilke Maunder

Die viktorianischen Villen der Woll- und Weizenhändler bergen heute Bed & Breakfast-Quartiere, die Eisenbahnwerkstätten von Invernesk mehrere Museen. Wir tanken Kultur, futtern Fish & Chips, sausen gen Südwesten und kraxeln kurz darauf über glatte Felsen den Mount Amos (450 m) hinauf. Oben angekommen, schmiegt sich ein Halbmond aus Korallensand an weiten Busch: Wineglass Bay – schönste Bucht der Insel und Wahrzeichen des Freycinet-Nationalpark wie die roten Granitfelsen, die steil ins Meer stürzen.

Port Arthur Historic Site. Foto: Hilke Maunder
Port Arthur Historic Site. Foto: Hilke Maunder

Drei Stunden später erleben wir die „Hölle auf Erden“. Still ist es. Schrecklich still. Wer mit den Wärtern oder Mitgefangenen sprach, landete in diesem wandschrankgroßen Raum ohne Fenster: Isolationshaft für Tage oder Wochen, erfunden in Port Arthur. Mehr als 12.500 Häftlinge in die berüchtigtste Strafkolonie der Welt abgeschoben. Mörder und Hehler, aber auch solche, die nur eine Scheibe Brot gestohlen hatten. Die Briten kannten kein Pardon. Zu fliehen, war unmöglich: Eine eiskalte See, in der es von Haien wimmelt, brandet von drei Seiten an die Steilküste der Halbinsel.

Den 100 m breiten Landriegel von Eaglehawk Neck bewachte ein Kordon von Kettenhunden. Dennoch wagten immer wieder „Convicts“ die Flucht – im hölzernen Badetrog als Boot oder Känguru-Kostüm. 200 verzweifelte Versuche – keiner war erfolgreich. Wer gefasst wurde, starb noch am gleichen Tag am Strang. Geschichten, die die „Lottery of Life“ erzählt, der man beim Besuch des Welterbes folgt. Richtig gruselig wird es bei der Ghost Tour: Bei der Führung im Fackelschein ist Gänsehaut garantiert.

Port Arthur Historic Site. Foto: Hilke Maunder
Port Arthur Historic Site. The Penitentiary. Foto: Hilke Maunder

Tasmanien als teuflische Tour: die Infos

Info: 1.110 km

TagStreckeEntfernungHighlights
1Hobart – Strahan300 km• MONA

• Mount Field National Park

2Strahan – Cradle Mountain National Park130 km• Franklin Gordon Wild Rivers National Park
3Cradle Mountain National Park• Cradle Mountain

• Dove Lake

4Cradle Mountain National Park – Launceston170 km• Tamar Valley Wine Route

• Cataract Gorge

5Launceston –   Coles Bay175 km• Freycinet National Park
6Freycinet National Park• Mount Oberon

• Wineglass Bay

7Coles Bay – Port Arthur240 km• Welterbe Port Arthur

• Tasman Peninsula

8Port Arthur – Hobart95 km
Tasmanien: Coles Bay; Blick auf die Freycinet Lodge. Foto: Hilke Maunder
Coles Bay; Blick auf die Freycinet Lodge. Foto: Hilke Maunder

Schlafen und schlemmen

Hobart

The Henry Jones Art Hotel*

Innen wie außen ist die Luxusherberge eine Sehenswürdigkeit: Hinter den alten Sandsteinmauern der 1825 gegründeten IXL-Marmeladenfabrik verbergen sich 50 edle Zimmer mit Traumblick auf den Hafen – und 250 Arbeiten tasmanischer Künstler, die nicht nur bewundert, sondern auch erworben werden können.
• 25 Hunter Street, Hobart TAS 7000, Tel. +61 3 62 10 77 00, www.thehenryjones.com

Strahan

Franklin Manor*

Der einstige Wohnsitz des Hafenmeisters ist heute ein luxuriöses B&B mit 13 nostalgischen Zimmern und Suiten.
• 75 Esplanade, Strahan TAS 7468, +61 3 64 71 73 11, www.franklinmanor.com.au

Cradle Mountain

Peppers Cradle Mountain Lodge*

Gewohnt wird in gemütlichen Cabins aus Eiche und Eukalyptus, geschlemmt im prämierten Highland Restaurant. Das Walheim Alpine Spa vertreibt Muskelkater und Anspannung.
• 4038 Cradle Mountain Road, Cradle Mountain TAS 7306, Tel. +61 3 64 92 21 03, www.cradlemountainlodge.com.au.

Launceston

Hatherley Birrell Collection*

1830 trifft 2014: Hinter der weißen Fassade des Stadthauses aus der Kolonialzeit gestaltete Rebecca Birrell ihr edles B&B mit Design und Kunst von heute.
• 43 High Street, Launceston TAS 7250, mobil: +61 458 94 77 27, http://hatherley.com.au.

Coles Bay

Freycinet Lodge*

Kein Telefon, kein TV, sondern Wildnis pur: Ein Holzplankenweg verbindet die 60 komfortablen Hütten der mehrfach ausgezeichneten Ökolodge, die täglich geführte Buschwanderungen anbietet.
• Coles Bay TAS 7215, Tel. +61 3 62 57 01 01, www.freycinetlodge.com.au.

Schlemmertipp

Stillwater Restaurant

Küchenchef Craig Will bereitet Tasmaniens leckerste Fusion-Küche zu – begleitet von den besten Tropfen der Insel und herrlicher Aussicht auf das Tamar-Tal.
• 2 Patterson Street, Launceston TAS 7250, Tel. +61 3 63 31 41 53, www.stillwater.net.au

Dieser Beitrag ist im August 2015 in abenteuer und reisen erschienen.

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Mein Australien zum Lesen und Hören

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Längst habe ich eigene Songlines geschrieben, Orte und Landschaften durch Erinnerungen und Erlebnisse geprägt. Drei Bundesstaaten stellt mein Bildatlas Australien Osten* vor – und macht einen großen Sprung ins Outback des Red Centre. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.

Australien Westaustralien 50 Highlights abseitsAuf unbekannten Wegen bin ich immer wieder gerne in Australien unterwegs, und in letzter Zeit besonders in Westaustralien. Dort habe ich vor Ort zwei Jahre lang Ziele off the beaten track recherchiert: 50 einzigartige Highlights für alle, die den größten australischen Bundesstaat abseits des Mainstreams entdecken möchten.

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Kunth: die schönsten Reiseziele Australien / NeuseelandModerne Metropolen wie Sydney und Melbourne, Wildnis und Weite wie das legendäre Outback, Naturwunder wie Uluru und Great Barrier Reef, das größte lebende Korallenriff der Erde: Die Vielfalt der faszinierenden Reisemöglichkeiten zeigt mein Bildlexikon Die schönsten Reiseziele Australien / Neuseeland / Ozeanien* aus dem Kunth-Verlag.

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Unterwegs in Australien„Unterwegs in“ nennt der Kunth-Verlag seine Reihe, deren Werke Bildband, Reiseführer und Atlas vereinen. Australien ist mein Werk. Es eine opulente Reiseenzyklopädie, die umfassende Orientierung und kompaktes Wissen bietet.

Der bilderreiche und informative Hauptteil ist nach Regionen bzw. nach Reiserouten gegliedert und beschreibt die schönsten Plätze, die ihr gesehen haben müsst. Von mir stammt der Band Unterwegs in Australien*. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.

 

Im Hamburger Silberfuchs-Verlag erschien meine klingende Zeitreise durch die Kulturgeschichte Australiens. Beim Zuhören folgt ihr den Legenden der Ureinwohner und den Spuren der weißen Siedler. Ihr entdeckt unter den Felsen von Kakadu eine Freiluftgalerie der Vorzeit, erlebt in Port Arthur als Strafgefangene die Hölle auf Erden, grabt in Victoria nach Gold und begegnet in den australischen Alpen dem Wegelagerer und Volkshelden Ned Kelly.

Andreas Fröhlich  von den Drei ??? erzählt die Kulturgeschichte Australiens spannend wie einen Krimi. 2010 wurde er als  „Bester Interpret“ mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet.

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