Die Türkei gehört zu den faszinierendsten Reisezielen im Mittelmeerraum. Wo kann man sich schon antike Kulturschätze anschauen, eine orientalisch-trendige Mega-City besuchen und durch bizarre Naturschönheiten reiten?
Die Stadt mit den 1000 Facetten
Um es gleich vorweg zu sagen: Istanbul ist kein Relax-Ort! In der 14-Millionen-Metropole mit ihrer jahrtausendealten Geschichte, der bezaubernden Silhouette aus Minaretten und prachtvollen Palästen, den unzähligen Shops, Basaren, Restaurants und Clubs gibt es so viel zu entdecken, dass ein Wochenende kaum ausreicht. Stürzen wir uns also gleich hinein ins Getümmel.
Das orientalische Lebensgefühl saugt man am besten bei einem Bummel durch das chaotische Basarviertel auf (Eingang zum Beispiel am Beyazit-Tor). In dem überdachten Markt im Herzen der Altstadt drängen sich über 20.000 Läden, Werkstätten und Kaffeehäuser in einem kilometerlangen Labyrinth aus verwinkelten Gassen.
Wer die aufdringlichen Ramsch-Verkäufer am Eingang abgeschüttelt hat, taucht ein in eine andere Welt. Umgeben von Samowaren, Kupfertellern, Teppichen, Stoffen und Gewürzsäcken, prall gefüllt mit Paprika und Kreuzkümmel, bieten Händler hier Tee trinkend ihre Waren an. Wichtig: Feilschen ist Pflicht!
Wer aus dem Gewusel wieder herausfindet, bahnt sich den Weg durch die chronisch verstopften Straßen zu Istanbuls größten Sehenswürdigkeiten im Nachbarviertel Sultanahmet: die im Jahr 537 errichtete Hagia Sophia, die gewaltige Kathedrale des einst christlichen Byzanz, und die 1616 als moslemischer Gegenentwurf von Sultan Ahmed gebaute Blaue Moschee.
Beide unbedingt von innen ansehen: Die von außen ein wenig klobig wirkende Hagia Sophia beeindruckt mit einem überwältigenden Kuppelbau (30 Meter Durchmesser!) und die Blaue Moschee mit einem prachtvollen, mit Zehntausenden leuchtend blauen Iznik-Fliesen ausgekleideten Gebetssaal.
Wenn abends der Ruf des Muezzin aus den Lautsprechern ertönt, sucht man ein stilvolles Hamam (türkisches Bad) auf und lässt sich seine müden Sightseeing-Glieder von einem kräftigen Bademeister lockern. Im Dampfraum ist man in der Wärme bald halb eingedöst und weich wie Knete, bevor der Tellak einen einseift und durchwalkt.
Im Cagaloglu und im Cemberlitas entspannt man in historischem Ambiente. In aller Frische schlendert man am nächsten Morgen zum Boots-Pier (Bogaz Iskelesi, an der Galata-Brücke) und bucht eine Fahrt auf dem Bosporus. Neben Frachtern schippert man die Meerenge an prachtvollen Villenvierteln, Palästen und Wolkenkratzern entlang bis hinauf ins asiatische Anadolu Kavagi (Fahrpläne unter ido.com.tr/en).
Bevor die Reise weitergeht, steht natürlich noch das ausgelassene Nachtleben von Istanbul an. Rund um die Istiklal Caddesi, die vom berühmten Taksim-Platz bis zum Tünel-Platz im internationalen Stadtteil Beyoglu führt, reihen sich Hunderte Bars, Clubs und Restaurants aneinander. Nobler geht es etwas nördlich im Viertel Nisantasi zu. Den letzten Traumblick auf die nächtliche Mega-City genießt man dann in einer der angesagten Roof-Top-Bars (siehe
WEITERE INFOS
- Der Eintritt zur Blauen Moschee ist frei; sie schließt jedoch 5x tgl. für eine halbe Stunde zu Gebetszeiten (Übersicht auf namazvakti.com). Ab Herbst 2013 sollen Touristen für den Besuch Roben mit Reissverschluss erhalten, um die geistliche Atmosphare des Gotteshauses zu bewahren. Das Hagia Sophia-Museum (10 €; muze.gov.tr/hagiasophia) ist Di. – So. von 9 – 19 Uhr geöffnet.
RESTAURANTTIPP
- Bar, Restaurant und Lounge birgt der Glaskubus von „360 Istanbul“ auf dem Dach – die Altstadt liegt Ihnen zu Füßen! Am Wochenende füllt sich mit Nachtschwärmern, die zu Elektro-Pop vom Plattenteller hotten (Gerichte ab 14 €; 360istanbul.com).
ÜBERNACHTUNGSTIPP
Pera Palace Hotel
Als der Pera Palace 1895 eröffnete, nächtigten in der Nobelherberge am Goldenen Horn die Gäste des Orient Express – Istanbul war Endstation der legendären Bahnfahrt. Ernest Hemingway, Pierre Loti und Greta Garbo logierten im Grand Hotel; in Zimmer 41 ließ sich Agatha Christie zum Kult-Krimi „Mord im Orient-Express“ inspirieren.
Atatürk kam 1917 – dem Staatsgründer ist heute im Hotel ein kleines Museum gewidmet. Nach umfangreicher Renovierung hat sich zum Glanz vergangener Epochen der Komfort von heute gesellt – mit kostenlosem WLAN und Multifunktions-Marmorbad mit Regendusche und Schwallstrahl (ab 280 €; perapalace.com).
Ayvalik
Relaxen an der Ägäisküste
In den Restaurants, die Ayvalıks Küste säumen, werden an lauen Abenden Meze und balık (Fisch) mit dem Anisschnaps Raki runtergespült. Der Brauch ist so beliebt, dass er sogar ein ägäisches Sprichwort geprägt hat: ‘Raki, balık, Ayvalık’ – was uns etwas über den Lauf des Lebens in der traditionsreichen kleinen Hafenstadt verrät. Hier haben Sanierung und Gentrifizierung noch nicht die Altstadt verändert. Fast zeitlos erscheinen Szenen, die ihr hier beobachten könnt.
Durch die gepflasterte Altstadtgasse rumpelt gemütlich ein Eselskarren, vor den Hauseingängen sitzen ältere Männer bei einem Glas Raki und werfen Backgammon-Steine. In dem kleinen Fischerstädtchen Ayvalik an der Ägäis verläuft das Leben noch wunderbar entspannt. Genau der richtige Ort, um sich vom Großstadtrummel Istanbuls eine Pause zu gönnen.
Tipp: Die gelassene Atmosphäre bei einem Spaziergang durch die alten Gassen um die Safa Caddesi genießen und anschließend für den nächsten Tag einen kleinen Aktiv-Ausflug ins Meer organisieren. Ayvalik gilt nämlich auch als hervorragender Spot für Taucher und Kite-Surfer. Unter Wasser reizen hübsche Korallenriffe um die 24 vorgelagerten Inseln. Kiter sausen mit dem Wind durch die weitläufigen Flachwasserreviere, die auch für Anfänger bestens geeignet sind.
Nachdem man reichlich Seeluft getankt hat, relaxt man beim Sonnenuntergang direkt am Meer in einem der fabelhaften Fischrestaurants. Am besten schmeckt es an der Hafenpromenade oder am Kai von Alibey (Cunda). Die nahe Insel erreicht man mit dem Auto über einen Damm. Unbedingt probieren: gegrillten Çupra und vorweg Papalina – winzige, sardellenähnliche Fische, in Olivenöl und Knoblauch gebraten (vorher Preise erfragen!).
Übrigens: Ayvalik war lange Zeit fest in griechischer Hand, woran die vielen pastellfarbenen, klassizistischen Häuser noch heute erinnern. Infolge des griechisch-türkischen Krieges mussten die 3000 griechischen Einwohner 1923 jedoch ihre Heimat mit den Moslems von der nahen Insel Lesbos tauschen.
WEITERE INFOS
RESTAURANTTIPP
- Allerbestes Olivenöl, frische Oliven und bodenständige Küche: Zum Olivenhof Nostalji bei Mutlu, 15 Minuten im Wagen landein, gehört auch ein kleines Museum (Hauptgerichte ab 14 €; nostalji.com.tr).
- Leckerer als der Einheitsbrei der Hafenlokale sind auf der Mini-Insel Cunda (15 Minuten per Fähre) die Meze (türkische Tapas) von Emine und Yusuf im etwas versteckte gelegenen „Lal Girit Mutfaği“ (ab 8 €); im wunderschönen „Ayna“ stehen Mutter und Tochter am Herd (ab 12 €; aynacunda.net).
ÜBERNACHTUNGSTIPP
Pension Taksiyarhis
In einer Kopfsteingasse der Altstadt versteckt sich in einem 140 Jahre alten Steinhaus die Taksiyarhis Pension. Ihre geräumigen Ein- und Mehrbettzimmer sind traditionell eingerichtet; beim„kahvaltı“ (Frühstück) unter den Weinreben der Terrasse sehen Sie über die Terrakottadächer von Ayvalık die ersten Sonnenstrahlen auf der Ägais tanzen (Schlafsaal 10 €, DZ ab 40 €; taksiyarhispension.com).
Ephesus: Antikes Juwel
Am Ende eines heißen Tages an der Ägäis lässt das Licht der untergehenden Sonne die marmornen Überreste der einst so großen Stadt leuchten. Zu ihrer Blütezeit vor 2.000 Jahren war Ephesus die Hauptstadt der römischen Provinz Asia und die größte Stadt des Reiches nach Rom. In Togas gekleidete Menschenmassen eilten einst über ihre Kreuzungen.
Heute sind die Straßen verlassen, und Wildblumen wachsen zwischen den Steinplatten und kopflosen Statuen. Zwischen diesen Ruinen erheben es einige der besterhaltenen römischen Bauten der Welt – Überreste von Tempeln, Marktplätzen, römischen Bädern und öffentlichen WCs, in denen die Toiletten fürs Gespräch ganz gesellig nebeneinander gestellt wurden. Wenig weiter ragt die prachtvolle, mit Säulen geschmückte Fassade der Celsusbibliothek auf, einst Heimat von 12.000 Bücherrollen aus Papyrus.
Im „Großen Theater“ sitzt Can Arman auf einem der terrassierten Plätze, wo einst 25.000 Bürger aus Ephesus Gladiatiorenkämpfe und Opferzeremonien miterlebt haben. „Dieses Amphitheater offenbart mehr als nur die Begeisterung der Stadt für Spektakel“, erzählt der Experte vom Ephesus Museum. „In der Antike war die Bevölkerung einer Stadt ungefährt zehn Mal so groß wie die Kapazität ihres Theaters.
Daher wissen wir, dass in Ephesus mindestens 250.000 Einwohner gewohnt haben. Wenn man Sklaven und all die Menschen hinzuzählt, die jenseits der Stadtmauer lebten, waren es fast eine Million Menschen.“
Im 6. Jahrhundert jedoch erlebte die Stadt ihren Todesstoß: Der Cayster-Fluss versandete den Hafen, und Ephesus verlor seine Lebensader: die Ägäis. Heute liegt die antike Hafenstadt mehrere Kilometer landeinwärts.
Trotz all der radikalen Veränderungen im Laufe der Zeit vermittelt ein Spaziergang durch ihre alten Straßen bis heute echte Einblicke, wie das Leben zur Römerzeit in Ephesus verlief. In einer der Straßen versteckt sich sogar die weltälteste Werbung – kodierte Wegbeschreibungen zum nächsten Puff, eingeritzt in einen Stein.
WEITERE INFOS
- Die Ausgrabungsstätte von Ephesus ist täglich geöffnet ab 8.30 Uhr, die Terrassenhäuser öffnen bereits um 8 Uhr (Eintritt 10 €, Terrassenhäuser zusätzlich 6 €; whc.unesco.org/en/list/1018). Das Ephesus-Museum in Selçuk lässt sich täglich ab 8.30 Uhr besichtigen (3,20 €).
RESTAURANTTIPP
- Die besten Köfte (Hackbällchen) gibt es gegenüber vom römischen Äquadukt bei Sisçi Yasarin, seit 1959 eine Institution in Selçuk (Hauptgerichte ab 6 €; Atatürk Caddesi).
ÜBERNACHTUNGSTIPP
Nişanyan House
Elf Jahre schrieb er Führer über die kleinen Hotel der der Türkei, dann setzte der Reiseschriftsteller Sevan Nişanyan seinen Wissen in die Tat um und verwandelte ein altes Steinhaus auf dem höchsten Hügel von Şirince in ein Boutiquehotels mit nostalgischem Charme – mit dunklen Betten aus Holz, Marmorbädern, leuchtend blauen Iznik-Fliesen und herrlichen Ausblicken zum reichhaltigen Frühstück (ab 48 €; nisanyan.com).
Lykischer Weg: zu Fuß durch die Antike
Von all den antiken Zivilisationen, die auf auf der Hochebene von Anatolien aufstiegen und versanken, waren die Lyker die rätselhaftesten. Außer der Erwähnung in der Illlias von Homer als mutige Kämpfer im Trojanischen Krieg wissen wir wenig über sie – ihre Sprache verblüfft Gelehrte, ihre Kultur und ihre Bräuche waren ganz anders als bei den Völkern der Region. Ihr Reich war die Tekke-Halbinsel, wo steile Klippen ins Mittelmeer stürzen und die Hügel der Küste mit Sarkophagen übersät sind.
Mitten durch diese Ruinen hindurch schlängelt sich einer der schönsten Fernwanderwege der Welt, der 509 km lange Lykische Weg. Auf alten Pfaden folgt er der Küste, durchzieht das Hinterland der Tekke-Halbinsel, berührt Ferienorte und kleine Bergdörfer, zeigt sich als Ziegenpfad oder antike römische Straße.
Über der Hafenstadt Kalkan klettert der Weg zu einer „yayla“ empor, einer Sommerweide. Eine Bergkette umrahmt das Hochplateau – fast scheint es, als schütze es die Felder und den Hirten, der unter einem Baum mit seiner Herde döst. Wenige Kilometer weiter erreicht man das Dörfchen Bezirgan mit seinen osmanischen Bauernhäusern und Obstbäumen. Danch wendet sich der Weg wilderen Gefilden zu und folgt Maultierpfaden entlang felsiger Grate.
Auf dem Lykischen Weg zu wandern, bedeutet, Menschen, Landschaft und Natur wirklich zu begegnen. Unterwegs schaffen kleine Freunden unvergessliche Erlebnisse: das frische Wasser aus dem Brunnen, die Pause mit çay (türkischen Tee) und das Gespräch mit dem alten Mann, der sich, die sapka (Schiebermütze) auf seinem Schopf, im Schatten einer Holzhütte auf seinen Stock stützt.
Oft sind Ziegen, die beim Vorbeigehen ins Gebüsch oder auf Felsen flüchten, für Stunden die einzige Gesellschaft. Schließlich erreich der Weg den Rand eines Plateaus, das dramatisch steil zum Küstenstädtchen Kaş abbricht. Dort säumen tief unten Terrakotta-Dächer den Hang bis zur bunten Parade der Masten in der Marina, und eine ankerförmige Halbinsel durchbricht das Blau. Nach einer zwölftägigen Odyssee auf dem Wanderweg rastet Mick Douglas auf einem Stein. Fast alle Nächte hat der australische Künstler draußen gecampt.
Der Wege habe ihn zu einem tieferen Verständnis der Region und ihrer Menschen geführt, erzählt er: „Ich traf gerade einen Mann, der sich um seine Kühe kümmert – sie liefen überall auf dem Weg umher. Wir tauschten ein paar Worte auf Englisch und Türkisch, stellten fest, dass wir beide den gleichen Humor haben, und entschieden uns, gemeinsam Mittag zu essen. So war es es während der gesamten Reise gewesen. Ich habe es total genossen!“.
WEITERE INFOS
- Der Lykisches Weg verläuft zwischen Ovacık, fünf Kilometer nördlich von Ölüdeniz, und Antalya (trekkinginturkey.com). Michael Hennemann beschreibt in seinem Outdoor-Handbuch „Türkei: Lykischer Weg: Der Weg ist das Ziel.“ (Conrad Stein Verlag, 2005 (hab leider keinen aktuelleren Führer auf Deutsch gefunden), 14,80 €) die Strecke.
RESTAURANTTIPP
- Mit Strandblick zur leckeren Türkenküche punktet das beliebte Restaurant der Sea Valley-Bungalows. In seiner Küche rollen Frauen aus dem Dorf kleine Kuchen und backen Brot. Meeresfrüchte und „pide“, ein dickes, weiches Fladenbrot, das mit Käsen, Hack oder anderen Zutaten belegt wird, stehen auch auf der Karte (Hauptgerichte ab 8€; Kabak, seavalleybungalows.com).
ÜBERNACHTUNGSTIPP
Turan Hill Lounge
Fünf Minuten vom Meer und doch mitten in der Natur direkt am Lykischen Weg: Wen dies zur Meditation inspiriert, kann’s auf der Yogaplattform tun – oder auf den Kissen der Lounge
Entspannt Oliven knabbern und den Blick aufs Meer genießen. Die Bungalows tragen allesamt astrologische Namen und variierten im Grad der Ausstattung; besonders luxuriös sind die Boutique-Zimmer mit Glastüren, die auf Balkone öffnen. Terrassenbar, Restaurant und Wege zu Wasserfällen sind weitere Gründe, länger zu bleiben (ab 107 €; turanhilllounge.com).
Kekova: die versunkene Stadt
Über einer spiegelglatten, stillen Mittelmeerbucht geht die Sonne auf. Hölzerne „gület“, traditionelle türkische Segelboote, verlassen leise ihren Liegeplatz und gleiten zu einem Dorf, das nur per Boot oder zu Fuß zu erreichen ist: Kaleköy, dem antiken Simena. Von der Festungsruine, die auf der Spitze eines verkarsteten Hügels thront, säumt eine Kaskade aus weißen Häusern mit Terrakotta-Dächern den Hang bis zur Uferlinie, wo lykische Gräber aus Untiefen ragen – Sarkophage mit spitzbogigen Deckeln, die an normannische Helme erinnern.
Ist die Schönheit des Panoramas schon Ansporn genug für diesen Ausflug, so liegt die wahre Attraktion jedoch unter dem Wasser. In einer sanften Brise segeln die Boote weiter zur Kekova adası, einer kleinen unbewohnten Insel, vor deren Nordküste sich eine versunkene Stadt versteckt: Apollonia – ein schweres Erdbeben begrub sie im zweiten Jahrhundert fast vollständig unter badewarmen Fluten. Auf einer Länge von 500 Metern verschwanden Treppen und die verstümmelten Reste von Mauern im Meer.
Schwarze Fische sausen über die alte anktike Stadt, deren Fundamente hellgrün in der Morgensonne leuchten. Über den Ruinen dürfen die Boote nicht halten – sie machen in Tersane („Werft“) fest, wo Steinplatten ins Wasser führen, auf denen die Passagiere zum Strand waten. Während er wartet, angelt der ketterauchender Kapitän Salih Yilmaz mit Plastikflasche und Schnur nach Calamari, um sie später in seinem Restaurant zu servieren.
Er stammt aus Kaleköy und bessert, wie viele andere Dorfbewohner, mit solchen Bootsausflügen sein Einkommen auf. „Bevor die ersten Touristen vor 30 Jahren kamen, war es ein schweres Leben. Nur ist es etwas leichter,“ sagt er und blickt ins Blaue. „Als ich aufwuchs, wussten wir, dass es diese Ruinen gab, aber für uns waren sie nichts Besonderes. Heute kennen wir ihren Wert.“
WEITERE INFOS
- Bootsausflüge nach Kekova, die meist mit Mittagessen angeboten werden, starten in Üçagız (25 €) und Kaş (35 €; xanthostravel.com)
RESTAURANTTIPP
- Im Innenhof von Bahçe Balik kommen open-air gegrillter Oktopus und Kalamari mit Maronenmayonnaise auf den Tisch (Hauptgerichte ab 10 €; Dogruyol Sokak, Kaş).
ÜBERNACHTUNGSTIPP
Pension Mehtap
Nur per Boot (10 Minuten) oder zur Fuß in 45 Minuten zu erreichen sind die 50 Häuser und drei Pensionen von Kaleköy. Mehtap hatte in zwei Steinhütten klimatisierte Zimmer mit Bad/WC eingerichtet; auf der Terrasse schmeckt inmitten blühender Bougainvillea ein ausgiebiges Frühstück oder ein Abendessen mit frischen Meeresfrüchten (ab 30 € p. P.; mehtappansiyon.com).
Kappadokien: Reiterland
Ein Mann reitet auf dem Rücken eines Pferdes durch ein felsiges Tal. Sein schwarzes Haar quillt aus einem Cowboyhut – könnte diese Szene nicht fast aus einem alten amerikanischen Western stammen? Sein trittfestes Ross jedoch ist ein anatolisches Pferd, und die hoch aufragenden Felsformationen sind untrüglich kappadokisch.
„Peri bacaları“, Feenkamine, nennen die Türken die bizarren Pyramiden, die sich in der surrealen Landschaft aus Schluchtenlabyrinthen in der Steppe erheben und ihre Farbe von leuchtend rot über gelb und ocker bis zu grau-grün im Licht der Sonne wechseln.
Geformt wurden sie vom Auswurf der Vulkane, die bis 2000 v. Chr. das Land zum Brodeln brachten: Lava und Tuffasche, zu Gestein gepresst, von Wind und Wasser fantasievoll erodiert, mit Hammer und Meißel vom Menschen bearbeitet. Klöster, Kirchen und Verstecke schlugen die frühen Christen über mehrere Etagen in den Stein – viele von ihnen zeigt das Freilichtmuseum von Göreme.
Der Reiter ist Ilhan Ekrem, ein örtlicher Reitlehrer und „Pferdeflüsterer“, der mit Gästen bei seinen Ausritten auf schmalen Pfaden steile Hänge erklimmt, schmale Felsvorsprünge passiert, dann slalomartige Spalten und grüne Schluchten durchquert. Reiten hat Tradition im Tal, und so folgt auch Ilhan den Fußstapfen der Höhlenbewohner von vor 2.000 Jahren. Als die Türkei zum persischen Reich (547-333 v. Chr.) gehörte, war Kappadokien für seine schönen Pferde berühmt – diesen ausgezeichneten Ruf hat die Region bis heute erhalten.
Ilhan wählte seine Reittiere aus einer Herde Wildpferde von den Hängen des 3.917 hohen Erciyes Dağı. „Anatolische Pferde sind für unsere Täler besser geeignet als ihre arabischen Artgenossen“, sagt Ilhan. „Es ist schwierig, in den Bergen zu reiten. Das Terrain ist felsig, und die Pferde von hier sind daran gewöhnt.“ Ilhan hält die Zügel stramm zusammen, und mit ein paar festen Tritten in die Flanken seines Pferdes reiten die beiden los, die schwarze Mähne und das dunkle Haar flatternd im Wind.
WEITERE INFOS
- Ilhans Firma „The Dalton Brothers“, die in den Ställe Anatolian Balloons in Göreme zu finden ist, bietet zwei- und vierstündige Ausritte sowie Mehrtagesritte von drei bis fünf Tagen an (2 Std. 40 €, 4 Std. 75 €; http://cappadociahorseriding.com).
RESTAURANTTIPP
- Ziggy’s bringt Istanbuls Raffinesse und ungewöhnlich Meze ins ländliche Kappadokien, wo man sie in gemütliche Atmosphäre beim Cocktail genießt (Meze ab 16 €; ziggycafe.com).
ÜBERNACHTUNGSTIPP
Sultan Cave Suites
Sultan Cave Suites zeigen, wie stilvoll ein Leben in einer Höhlenwohnung sein kann. Die aus dem Stein gehauenen Zimmer waren früher Ställe, Weinkeller und Lagerräume. Gewellte Wände und vulkanische Farbstreifen mischen sich mit in den Fels geschnitzte Bögen und Deckenrosetten (ab 80 €; sultancavesuites.com).
Dieser Beitrag ist im Lonely Planet Traveler 4/2014 erschienen.
Autoren: James Bainbridge ist Autor des Lonely Planet „Türkei“ und schreibt für den britischen Guardian und The Times. Die freie Journalistin Hilke Maunder reiste mit InterRail 1976 erstmals in die Türkei und ist noch immer fasziniert von Vielfalt und Wandel im Vielvölkerstaat.