Levi: Im Rausch der Farben

Finnland gilt als Paradies für Langläufer. Als Ausrichter des alljährlichen Eröffnungsrennen des FIS Alpin Ski-Weltcup beweist Levi, das auch Abfahrtscracks im nördlichsten EU-Land auf ihre Kosten kommen. Rasant wie die Pisten ist auch die Entwicklung, die Finnlands größtes Wintersportzentrum in den letzten Jahren hingelegt hat.

Dunkelheit und Schnee im Überfluss – Winter in Lappland. Am nächtlichen Himmel flackern Nordlichter. Klirrende Kälte beißt in der Nase, brennt auf der Haut. Eine Lichterkette wandert am Horizont den Himmel hinauf. Sie erleuchtet das Levi-Fjäll, eine 531 Meter hohe Kuppe, bedeckt von meterhohem Schnee.

Die ersten Flocken fallen im Oktober. Von November bis weit in den Mai verwandelt sich der bekannteste der sieben Fjällberge Lapplands zum Winterparadies Levi, rüstet sich 170 Kilometer nördlich vom Polarkreis das Dorf Sirkka für den Ansturm der Gäste. Die 600 Einwohner leben in dunkelrot gestrichenen Holzhäusern mit weißen Fensterfassungen, die Touristen in urigen Ferienhütten oder Hotels aus hellgrauem Kelo-Holz.

Levi: Asta Pajari (36/2008) mit Schneeschuhen auf dem Levi-Fjell
Asta Pajari ist mit Schneeschuhen auf dem Levi-Fjell unterwegs

Finnlands Winter-Hochburg

Levi, noch in den achtziger Jahren ein abgelegenes Dorf, von dem kaum jemand etwas gehört hatte, ist inzwischen zum größten finnischen Wintersportort avanciert. Für den Boom sorgte der nahe Flughafen Kittilä. Musste die Kreisstadt anfangs noch für jeden freien Sitz 150 Euro an Finnair zahlen, ist der einstige Militärflughafen im Winter heute zweitgeschäftigster Airport des Landes.

Besonders boomen die Ankünfte ausländischer Gäste: Ihre Zahl legte 2007 im Vergleich zum Vorjahr um 54 Prozent zu. Auch Levi investiert kräftig, um vor dem schwedischen Konkurrenten Åre die Nase vorn zu haben. 550 Millionen Euro werden bis 2010 in den Ausbau der Infrastruktur investiert.

Jedes Jahr kommen 1.000 zu den derzeit 22.000 Gästebetten für die jährlich 2,5 Millionen Urlauber in Levi hinzu. Für Abwechslung im Urlaubsort sorgen 53 Veranstalter mit mehr als 1.000 Programmpunkten im Angebot: Lappenabende, Motorschlittentouren, Huskysafaris und unzähligen Kursen, Abenteuern und Adrenalinkicks auf zwei oder einem Brett.

Rekka Jussila (50/2008) in der Tracht der Samen
Rekka Jussila in der Tracht der Samen

Steile Kicks & sanfte Slopes

In der Kälte knirscht der Schnee unter den Ski. Pulvertrockene Flocken bedecken die 45 Pisten von grün (sehr leicht) bis schwarz (schwer), liegen zentimeterdick auf den windzerzausten Ästen der Krüppelkiefern. 29 Lifte bieten schnelle Aufstiegshilfen. Wartezeiten sind unbekannt.

Zum Gipfel saust Finnlands einzige Gondel. Zurück zur Talstation führt eine schwarze Piste, auf der die Ski-Elite seit Jahren um Punkte kämpft. Die Weltcup-Piste am Westhang hat es in sich: 52 Gefälle sind selbst in den kanadischen Rockies nicht zu finden.

Seichte, geschützte Familienabfahrten säumen den Südhang; langgezogene Tempoabfahrten den Osthang. Die Pisten am Nordhang führen direkt ins Herz von Levi. Für den Nachwuchs von null bis sechs Jahren wurde das separate Spielareal „Lastemaa“ geschaffen, für Snowboarder ein separates Terrain mit Rips, Jumps und Half Pipes gestaltet. Langläufer können ihre Ski am Hotel anschnallen – zahlreiche Routen führen direkt von den Unterkünften zu zentralen Knotenpunkten im ausgedehnten Netz.

Äkaslompolo: Toivo Quist beim Langlauf
oivo Quist beim Langlauf

Riesiges Loipennetz

230 Kilometer maschinell gespurter Loipen von 4,5 bis 35 Kilometer Länge überziehen das Levi-Fjäll und den Immeljärv-See, verlaufen über offene Ebenen, gefrorene Sümpfe, mäandrierende Flüsse, dichte Fichtenwälder. Sämtliche Loipen sind so angelegt, dass sie zu Rundwegen unterschiedlichster Länge kombiniert werden können. Durch die Anbindung an weitere Wintersportzentren wie Muonio, Äkäslompolo und Hetta wächst das Loipennetz auf mehr als 1.000 Kilometer.

Levi: Levi-Fjäll
Zauberhaft: die Dämmerung am Levi-Fjäll

In der trockenen Kälte von minus 20 Grad wird die „Blaue Stunde“ zum Farbenrausch. „Kamoos“ nennen die Finnen die einzigartige Mischung aus Dunkelheit und Zwielicht, die 60 Tage lang im November und Dezember gegen drei Uhr nachmittags das Land zum Leuchten bringt: erst Golden, dann Pink, Türkis, bis zwei schmale Streifen in Orange und Grün das dunkle Land vom schwarzblauen Himmel trennen. Nördlich des Polarkreises wird die Dämmerung zum stundenlangen Spektakel.

Ab fünf Uhr abends leuchten Sterne am Firmament, Flutlicht auf die Loipen. Unter Wegweisern liegen Rucksäcke, Anoraks, Beutel und Taschen: Was stört, wird an zentralen Punkten deponiert – und später wieder abgeholt. Selbst Skiausrüstungen, die rasch mehrere Tausend Euro kosten, stecken im Schnee. Angst vor Diebstahl kennt hier niemand.

Levi: Levi-Fjäll, Dämmerung
Kaamos: Lichterzauber am Levi-Fjäll

Abseits der Pisten

Wer einmal einen Tag Pause vom Wintersport machen möchte, kann rund um Levi die lappländische Kunst und Kultur entdecken. Bereits vor 3.500 Jahren war die Region bewohnt, wie der alte Opferplatz Taatsin seita bei Kittilä beweist. Wie eine lappländische Bauernfamilie ab 1847 gelebt hat, hält Alli Kotakorva-Ohenoja (66) lebendig.

Seit 21 Jahren ist ihr Elternhaus in Thorassieppi ein Museum. Alte Fotos zieren die Wände, farbig bemalte Bauernmöbel schmücken die Räume, am Kamin hängt Hausgerät. Bei der Führung mischen sich Erinnerungen in die Erzählung: „Hier, dieses Heu hat mein Großvater sich statt Socken stets in den Schuh gesteckt….“

bei Levi: Taivaanvalkeat
Die Hofstelle Taivaanvalkeat bei Levi

Direkt an Ounasjöki-Fluss liegt das Kunstmuseum von Kaukonen, Wohnhaus und Werkstatt des 1987 verstorbenen Malers Reidar Särestöniemi. Nicht nur Kunst, sondern auch Kammermusik machte das Atelier des „Alchemisten der Farben“ landesweit berühmt. Hier gastieren internationale Musik-Stars wie Vladimir Ashkenazy – und spielen ohne Gage.

Traditioneller Abschluss jedes Tages ist der Saunabesuch. Geschwitzt wird streng getrennt, schweigend. Erst draußen im Schnee treffen sich die Geschlechter wieder, reiben sich gegenseitig mit den kalten Kristallen ab. Einige peitschen ihren Körper mit Birkenruten, bis er rot ist.

Andere springen gleich zum Abkühlen in das kleine Loch im zugefrorenen See. Nicht Sekunden, sondern Minuten verharren sie im Wasser. „Haben Sie schon Eistauchen probiert?“ fragt ein Finne. Auch das gehört zu einem Winter in Levi.

bei Levi: Ounasjöki-Fluss
Der Ounasjöki-Fluss bei Levi

Levi: Informationen 

REISEZIEL

Das Skigebiet „Levi“ liegt 970 Kilometer nördlich von Helsinki in der waldreichen Hügellandschaft von Fjäll-Lappland. Der Nordpol ist 870 Kilometer entfernt.

ANREISE

Flüge mit FINNAIR und SAS via Helsinki nach Kittilä (15 km). Flugzeit ab Helsinki: 1 Std. 30 Min.

Nächster Bahnhof: Kolari (70km), Fahrzeit von Helsinki: 11 Std. 38 Min.

UNTERKUNFT

Zentrale Buchung: Levi Central Booking Office, Telefon: +358 16 6 39 33 00

Spa Hotel Levitunturi

FIN – 99130 Sirkka, Tel. +358 16 64 63 01, Fax +358 16 64 66 60, www.hotellilevitunturi.fi

Größtes und ältestes Hotel von Levi mit Kur- und Konferenzbereich mit 172 Zimmern, ab 130 Euro/Nacht.

Levi Spirit

FIN – 99130 Sirkka, Tel. +358 600 1 77 47, www.levispirit.fi

Brandneue Fünf-Sterne Ferienanlage mit 46 modern-luxuriösen Villen; 5.400 – 10.600 Euro/Woche

INFO

Finnische Zentrale für Tourismus

Lessingstraße 5, 60325 Frankfurt/Main. Telefon: 069/50 07 01 57, www.visitfinland.de

www.levi.fi

Dieser Beitrag ist im nordea-Kundenmagazin 3/2008 erschienen.

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